Bin auch neu hier und völlig neben mir...

Hier kann man sich vorstellen oder eigene Erlebnisse berichten
Henny
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Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#1

Beitrag von Henny »

Hallo und guten Tag,

ich bin neu hier und möchte mich kurz vorstellen: ich bin 53 Jahre alt, weiblich, und seit vorgestern Hörgeräte-Trägerin.

Soweit ich weiß, habe ich seit Geburt eine Hörschwäche im oberen Frequenzbereich, die sich selbstredend mit zunehmendem Alter nicht verbessert hat.
Vor gut einem Jahr war ich beim Ohrenarzt, der mir nach dem Hörtest kundtat: "Gut hören tun Sie schlecht". Wohl wahr.
Meine Hörkurve sieht so aus:
rechts:
500hz/10db
1KHz/35db
1,5 KHz /75db
2 KHz/75db
3 KHz/65db
4 KHz/60db
6 KHz/55db
8 KHz/45db
links sieht die Kurve mit ganz geringen Abweichungen genauso aus.
Nach der Diagnose des Ohrenarztes war mein erster Impuls: aus, vorbei, dein Leben ist zu Ende.

Dann habe ich mir über ein Jahr lang die Haare wachsen lassen, mit einem Kurzhaarschnitt hätte ich mir NIE Hörgeräte anpassen lassen.

Dieses Jahr im Feb. war ich zum Ersttermin beim Akustiker (keine Kette).
Hörtest dort dito wie beim Ohrenarzt.
Es wurden Otoplastiken angepasst und vorgestern wurden mir meine ersten Hörgeräte angepasst: Oticon Opn1.
Ich weiß - bzw. habe mir u.a. hier - angelesen, dass ich niemals richtig hören werde, auch nicht mit Hörgeräten. Aber das es so grauenhaft ist, hätte ich auch nicht gedacht.
Ich höre mich selbst hallend, was etwas besser wird, wenn ich die Lautstärke um eine Einstellung leiser mache. Sprache höre ich teilweise blechern.
Am allerschlimmsten sind jedoch die Nebengeräusche: das Klackern der Tastatur (ich arbeite im Büro), das Klappern eines Kaffeelöffels auf einer Untertasse, der Blinkerhebel im Auto, das Rascheln einer Zeitung: diese Geräusche "springen" mich regelrecht an, ich habe das Gefühl, sie werden komplett "in den Vordergrund" gezogen, während Sprache - wenn auch mit etwas anderem Klang - so ist, wie ohne Geräte auch.
Ich bilde mir zumindest mal ein, dass ich etwas besser verstehe.
Mittlerweile habe ich Kopfschmerzen ohne Ende und würde die Geräte am liebsten in die Ecke werfen.
Bleibt das mit den Nebengeräuschen jetzt immer so???? So kann und möchte ich nicht leben, das ist unerträglich!

Kann mir hier im Forum jemand ein bissel gut zusprechen??? Momentan bin ich völlig verzweifelt - denn meine Horrorvorstellungen wurden tatsächlich noch übertroffen.
Taube Grüße an alle,
Henny
Zuletzt geändert von Henny am 16. Mär 2017, 16:34, insgesamt 1-mal geändert.
Tinu76
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#2

Beitrag von Tinu76 »

Liebe Henny

Wie du schreibst, bist du wohl schon sehr lange mit einer sich langsam verschlechternden Hörminderung durch das Leben gegangen.

Dein Hirn hat in dieser Zeit das einzig richtige gemacht: Es hat sich auf deine Hörminderung eingestellt und versucht diese so weit es geht zu kompensieren.

Dies bedeutet leider auch, dass dein Hirn nun viel Zeit braucht, um mit den neu gewonnen Eindrücken klar zu kommen. Deswegen hörst du aktuell alles verfremdet, laut und unnatürlich.

Wie du schreibst, ist es besser, wenn du die Lautstärke etwas runter nimmst... mache das!
Nimm die Lautstärke so weit runter, bis du das Gefühl hast, dass es ok ist. Wenn du eine Chance haben willst, solltest du die Hörgeräte jedoch möglichst regelmässig tragen! Nach und nach wirst du bemerken, dass du die Lautstärke nach ein paar Tagen nicht mehr so weit runter drehen musst. Dein Gehirn hat dann begonnen die neuen Eindrücke korrekt zu verarbeiten.

Sprich mit deinem Akustiker über das Erlebte und bitte um einen grössere Eingewöhnungszeit als üblich.
Die wirst du brauchen, damit du überhaupt ein geeignetes Hörgerät für dich wählen kannst.
Aktuell wird sich wohl jedes Hörgerät für dich schrecklich anhören. Die Oticon OPN sind gute Geräte. Du wirst aber auch noch andere Testen dürfen.

Kaufe auf keinen Fall ein Hörgeräte, das du schrecklich findest! Wenn der Akustiker dir zu wenig Zeit lässt, dann kaufe besser keine und gehe noch bei einem anderen Akustiker durch.

Gib dir die Zeit, welche du brauchst, um diese Eindrücke wieder lernen zu verarbeiten.
Wenn dies gelingt, wirst du eine neue interessante und vielfältige Welt kennenlernen (z.B. das Gluckern eines Baches) in der es für dich einfacher sein wird, sich zu verständigen.

Wünsche dir Ausdauer und Kraft.

Lieber Gruss
Tinu
Ab 2014 Hochtonschwerhörig - Versorgung mit Widex Dream 330 Passion und/oder Bernafon Juna 9 Pico RITE
ab 2017 Versorgung mit Bernafon Zerena miniRITE 9
ab 2021 Versorgung mit Bernafon Alpha
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#3

Beitrag von Henny »

Liebe/r Tinu (ich weiss leider nicht, ob Du weiblich oder männlich bist)?
Vielen Dank für Deine lieben Worte. Es ist mir schon klar, dass mein Gehirn "entwöhnt" ist, zumal ich ja hohe Töne von Geburt an schlecht hörte.
Wenn ich die HGs aber so leise stelle, dass das Klappern der Computertastatur nicht mehr so stakkato-artig klingt, höre ich grad so gut bzw. schlecht wie ohne die HGs... dann brauch ich auch keine!
Ich bin so frustriert, so furchtbar hätte ich es mir wirklich nicht vorgestellt.
Ausserdem jucken die Oto-Dinger im Ohr, das ist ebenfalls unangenehm.
Wie lange braucht denn so ein entwöhntes Hirn gemeinhin um sich an die neue Lage zu gewöhnen? Mein Akustiker macht mir zeitlich keinen Druck, ich fühle mich bei ihm auch in guten Händen.
Er überlegt bereits, ob er mir zum Versuchen mal solche Schirmchen verpasst (auch wegen dem Jucken)... mal sehen wie es weiter geht.
RemyRiver
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#4

Beitrag von RemyRiver »

Bei dem Hoerverlust von 60+ Dezibel wirst du Sprachlich bei tiefer als 4k Frequenzen kein Verstaendnis mit Schirmchen erreichen, und jucken tun die genauso -- sogar schlimmer.

Ausserdem kriegst du da noch die Rueckkopplungen zu. Klar kannst du es gern mal ausprobieren, aber ich wuerde die Otoplastiken nicht zu weit weg schieben denn die wirst du wieder brauchen.

Das ist wie bei einer Brille, am Anfang ist das Brillengestell auf dem Nasenruecken auch ungewohnt, spaeter bemerkst du es nicht mehr. Als Tipp: Belueftungsloecher in den Otoplastiken sorgen dafuer das der schweiss im Ohr nicht zu Juckreiz fuehrt. Umso groesser die sind, umso mehr Rueckkopplungen und co gibt es auch bei Otoplastiken der Unterschied ist trotzdem Tag und Nacht.

Bitte deinen Akkustiker die HGs Schritt fuer Schritt lauter einzustellen, du bist Hoerentwoehnt, fuehre deinen Koerper langsam an die neuen Geraeusche wieder heran. Nicht im Sinne von "gleiche stufe wie ohne HG" aber es gibt ja noch ein zwischen ding.
Zuletzt geändert von RemyRiver am 16. Mär 2017, 19:36, insgesamt 1-mal geändert.
Hz 125 250 500 750 1000 1500 2000 3000 4000 6000 8000
dbR 20_25_35_60__60__60__60__50_25___5__15
dbL 10_10_10_10___5___5___5___5___5___5__15
Kruemelmonster
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#5

Beitrag von Kruemelmonster »

Hallo Henny,

nicht verzweifeln, das kenne ich auch und braucht seine Zeit, wohl mindestens ein paar Wochen. Vielleicht sollten Akustiker einen da gezielter vorwarnen.

Meine Erfahrungen vor einem Dreivierteljahr mit dem ersten Hörgerät nach langjähriger Schwerhörigkeit waren sehr ähnlich, und vieles hat mich gequält. Kopfschmerzen hatte ich auch öfters, vor allem nach neuen Einstellungen oder ungewohnt langem Gebrauch.

Besonders gepeinigt haben mich z.B.

- Arbeit in der Küche (Wasserrauschen, Klappern von Geschirr und Besteck)
- Verkehr und sonstige Straßengeräusche inklusive Baustellen
- Supermarkt (sehr fies der Biomarkt mit den kreischenden Kindern)
- Toilette mit verkalkter Rohrspülung - hat mich einmal sehr erschreckt :-(
- Die stets volle, enge und laute Kantine bei der Arbeit
- u.s.w.

Die Tastatur fand ich eher bizarr als quälend, jedenfalls sehr dramatisch. Das und weitere Geräusche, wie Papierrascheln, Stoffreiben oder Regenrauschen, kamen mir vor wie aus einem Radiohörspiel. Manche Geräuschquellen musste ich erstmal identifizieren, weil ich sie nicht kannte, z.B. die Arbeitsgeräusche meines Kühlschranks, und hielt sie zunächst für ein Eigenrauschen der HGs. Solche Erfahrungen fand ich eher faszinierend.

Anfangs habe ich den Fehler gemacht, in den besonders unangenehmen Situationen (Küche, Straße), die Hörgeräte sofort auszustellen oder abzulegen und nur für Gespräche zu tragen oder zu aktivieren. So wurden leider weder mein Sprachverständnis noch die Gewöhnung besser, sondern erst, als ich die HG häufiger getragen habe.

Quälen solltest Du dich aber deshalb nicht, sondern überlegen, wie Du es langsam steigerst, wie es hier schon beschrieben wurde. Ich selbst hatte dann zunächst bei Gesprächen in ruhiger Umgebung die HG lauter, und dann die Dauer und Situationen ausgeweitet, auch um die Geräte zu erproben.

Übrigens fand ich als Testsituation ohne Risiko das Radiohören (ähnlich Fernsehen) sehr praktisch, um mit Programmen und Lautstärke des HG zu experimentieren, oder zu vergleichen, wie groß der Unterschied mit und ohne HG ist.

Dass Du nach einer Gewöhnungs- und Probezeit noch andere Einstellungen, Geräte und Akustiker vergleichen solltest, vor allem wenn Du nicht zufrieden bist, kann ich nur unterstreichen.

Viel Erfolg, gute Nerven und liebe Grüße,
Krümelmonster
Krümelmonster
Hereditäre IO-SH
Hz 125 250 500 750 1K 1,5K 2K 3K 4K 6K 8K
dbR 50_45_60_65_65_60_60_55_50_40_45
dbL 20_25_50_60_60_55_55_55_50_40_60
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#6

Beitrag von Henny »

Vielen Dank an Euch alle fürs Mutmachen...

Übrigens haben meine Oto-Dingense Belüftungslöcher, ich konnte schon beim Anpassen der Dinger das geschlossene Ohr nicht ertragen. Rückkopplungen habe ich im Moment keine - glücklicherweise!
Aber dieses Gefühl ständig etwas im Ohr stecken zu haben finde ich grauslich. Eine der Otos passt auch nicht richtig, die muss ich wohl noch anpassen lassen.
Nach 10 Stunden Büro und 11 Stunden Hörgeräte war ich gestern Abend so müde, dass ich mich am liebsten erstmal hingelegt hätte.
Stattdessen waren wir zum Essen ins Restaurant eingeladen. Um 22.30h war ich platt. Auch das finde ich grauenhaft, hängt aber wohl mit der Eingewöhnung zusammen - ich vermute, mein Gehirn erbringt gerade Höchstleistungen (hoffe ich jedenfalls!).
monif

Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#7

Beitrag von monif »

Hallo Henny
Ich bin auch ein komplizierter Fall😂😄.
Möchte dir meine Erfahrung dir Preis geben. Mit Otospkastik habe ich die Kralle gewählt und ein großen Bohrloch wurde gemacht. Die Kralle ist , weil ich große Ohren habe und es soll damit nicht verrutschen. Bohrloch soll noch entlüften . Mit Schirmen ging es bei mir nicht. Ich wünsche dir toi toi und eine gute Anpassung, die du mit Freude anfreunden kannst.
Herzliche Grüße, Moni
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#8

Beitrag von Henny »

Vielen Dank für Euren Zuspruch!
Ich habe vom Akustiker nun noch 2 CDs mit einem Hörtraining bekommen, das Pgm geht über 14 Tage mit täglichen Übungen von ca. 20 Min. Dauer.
Hat jemand von Euch mit so einem Hörtraining Erfahrung? Ist das hilfreich?
Liebe Grüße,
Henny
Musiker_72
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#9

Beitrag von Musiker_72 »

Hallo Henny,

für jeden, der zum ersten mal Hörgeräte trägt, ist das eine ziemliche Umgewöhnung.

Bei Dir allerdings ist der Hörverlust für eine Erstversorgung schon ziemlich hoch. Über den Daumen gepeilt kann man sagen, dass sich ein Hörgerät ab ca. 40 dB Hörverlust "lohnt". Bei Dir sind es bei einigen Frequenzen über 70 dB. Das kann man jetzt nicht ändern, aber der Unterschied zwischen Hörgerät / Kein Hörgerät ist daher bei Dir besonders "krass" und die Eingewöhnung deswegen evtl. besonders heftig.

Folgende konkrete Hinweise kann ich Dir geben:
- sich selbst hallend hören: Das liegt nicht am Hörgerät. Man hört sich selbst hallend, nur ist Nachhall eben leise, den hast Du ohne HG nicht mehr gehört. Das ist also keine Fehlfuntkion des HG. Deswegen solltest Du nicht leiser stellen. Ich habe extra meine Frau gefragt, die gut hört, es hallt wirklich.
- Computertastatur: Ich habe mir eine neue Tastatur gekauft. Ich schreibe jetzt meist auf einer Notebooktastatur mit recht flachen Tasten. Früher hat mich meine Klappertastatur nicht gestört. Ich habe mir auch ein Notebook ohne Lüfter gekauft, aus dem gleichen Grund.
- Klirren von Besteck auf Tassen: Dagegen kann man was machen. Frage Deinen Akustiker nach einer Impulsschallunterdrückung

Ich hatte als erstes Testgerät ein Siemens Binax, das war für mich als Anfänger sehr angenehm.

Also, lass den Kopf nicht hängen. Die Eingewöhnung ist heftig. Evtl. wäre es besser gewesen, das in einen Urlaub zu legen. So ein Hammertag mit Büro + Restaurant ist für den Anfang etwas viel. Restaurants gehören zum schwierigsten überhaupt mit Hörgeräten.

Alles Gute!
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#10

Beitrag von Henny »

Hallo Musiker_72,

danke für Deine Antwort.
Eine Anpassung der HG im Urlaub funktioniert bei mir nicht. Ich mache maximal 3 x 1 Wo. Urlaub im Jahr, ansonsten ist Arbeiten angesagt.
Mein Akustiker hat mir auch gesagt, ich müsse Geduld haben. Nun ist leider Geduld quasi mein 2. Vorname - will heißen: es geht mir sowieso alles immer viel zu langsam...
Eine wirkliche Verbesserung kann ich leider nach einigen Tagen nicht feststellen: dass ich meinen quietschenden Scheibenwischer im Auto nun lauter höre (wo mich das Quietschen schon ohne HGs genervt hat!) hätte ich nicht gebraucht.
Und dieses Jucken der Ohren durch die Otoplastiken ist auch nichts, was ich mir gewünscht hätte.
Kurzum: eine Riesenfrustration.
Ausserdem geniere ich mich furchtbar mit den HGs - obwohl man die Dinger nicht sieht (habe mir ja die Haare wachsen lassen!). Wenn ich im Freien bin, habe ich Panik, dass mir ein Windstoß die Haare verweht und man die Dinger sieht...
Geht das nur mir so?
Ich möchte nochmal fragen: Hat jemand Erfahrungen mit so einem Hörtraining? Hilft das, die Anpassungszeit zu verkürzen??
Liebe Grüße,
die frustrierte Henny
MadameBovary
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#11

Beitrag von MadameBovary »

Hallo Henny,
ich würde keine Panik schieben, wenn man deine Hörgeräte sieht. Ich glaube, dein schlechtes Hören und Verstehen und Nichtreagieren war viel auffälliger als dein Tragen der Hörgeräte.
Jetzt kann auffallen, dass du besser hörst und verstehst. Dann werden die Leute schon ihre Schlüsse ziehen, dass du wohl Hörgeräte bekommen hast.

Alles Gute!
LG
Zuletzt geändert von MadameBovary am 18. Mär 2017, 09:38, insgesamt 1-mal geändert.
Viele Grüße
MB
Quotenkrüppel
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#12

Beitrag von Quotenkrüppel »

Ja das geht nur Schwerhörigen so, ich kenne keinen Rollstuhlfahrer der Angst hat man könnte den Rollstuhl sehen.

Nein, im Ernst: Was wäre wenn man sie sieht ? Was könnte der ach so tragische Rückschluss sein ? Die Dame hört schlecht ?
Oder lese ich da zwischen den Zeilen "Mein Gott, man könnte mich für behindert halten, oder ich wirke alt und dröge."
In diesem Falle solltest du dir einmal überlegen ob sich andere Hörbehinderte dadurch nicht vielleicht ein kleines bisschen auf den Schlips getreten fühlen wenn du sowas fragst ?

Oder würdest du falls du mit einem Rollstuhlfahrer ins Gespräch kommst einen Satz sagen wie "Also ich würde mich nicht aus dem Haus trauen wenn ich wäre wie Sie, so im Rollstuhl, da würde ich mich schämen."

Ich habe alles Verständnis der Welt dafür dass das Hören mit den Geräten nun sehr ungewohnt ist. Auch braucht eine Anpassung in diesem Alter wirklich viel Zeit und Geduld. Das stimmt. Daher hier mein volles Mitgefühl und Daumen drücken dass es bald klappt.

Zum Thema Scham eine kleine Anekdote von einer Bekannten (15 jährigen). Diese trägt Hörgeräte und muss wegen ihrer Zahnspange zum Kieferorthopäden. Wir alle wissen: Im Stuhl liegt man weit nach hinten gebeugt so dass die Haare nach hinten fallen. Was tut sie aus Scham ? Sie nimmt einen Haargummi und Achtung (!) bindet sich die Haare unterm Kinn zusammen, ohne weitere Erklärung. Mir liegt da immer auf der Zunge: "Toll, jetzt wirkst du gar nicht seltsam !"
Li-Re-kHz
45-30-0,125
40-35-0,25
45-45-0,5
55-65-0,75
55-65-1
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60-65-3
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RemyRiver
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#13

Beitrag von RemyRiver »

Quotenkrüppel hat geschrieben:Ja das geht nur Schwerhörigen so, ich kenne keinen Rollstuhlfahrer der Angst hat man könnte den Rollstuhl sehen.

Nein, im Ernst: Was wäre wenn man sie sieht ? Was könnte der ach so tragische Rückschluss sein ? Die Dame hört schlecht ?
Oder lese ich da zwischen den Zeilen "Mein Gott, man könnte mich für behindert halten, oder ich wirke alt und dröge."
In diesem Falle solltest du dir einmal überlegen ob sich andere Hörbehinderte dadurch nicht vielleicht ein kleines bisschen auf den Schlips getreten fühlen wenn du sowas fragst ?

Oder würdest du falls du mit einem Rollstuhlfahrer ins Gespräch kommst einen Satz sagen wie "Also ich würde mich nicht aus dem Haus trauen wenn ich wäre wie Sie, so im Rollstuhl, da würde ich mich schämen."

Ich habe alles Verständnis der Welt dafür dass das Hören mit den Geräten nun sehr ungewohnt ist. Auch braucht eine Anpassung in diesem Alter wirklich viel Zeit und Geduld. Das stimmt. Daher hier mein volles Mitgefühl und Daumen drücken dass es bald klappt.

Zum Thema Scham eine kleine Anekdote von einer Bekannten (15 jährigen). Diese trägt Hörgeräte und muss wegen ihrer Zahnspange zum Kieferorthopäden. Wir alle wissen: Im Stuhl liegt man weit nach hinten gebeugt so dass die Haare nach hinten fallen. Was tut sie aus Scham ? Sie nimmt einen Haargummi und Achtung (!) bindet sich die Haare unterm Kinn zusammen, ohne weitere Erklärung. Mir liegt da immer auf der Zunge: "Toll, jetzt wirkst du gar nicht seltsam !"
Das geselschaftliche Bild einer Hoergeschaedigten ist aelterer Mensch meist zwischen 55-90 Jahre. Das sieht man doch schon klar bei den ganzen Werbebroschueren und co bei den Akkustikern wo selbst die juengere Zielgruppe idR bereits ergraut ist. Das man da nicht zugehoeren moechte wenn man sich entweder noch nicht so alt fuehlt oder es faktisch einfach noch nicht ist, sollte wohl nicht verwunderlich sein.

Die herangehensweise die HGs zu verstecken halte ich persoenlich aber auch nicht fuer gut, es gibt tolle sachen die man damit machen kann. Ob als Ohrringhalterung, verzieren mit Stickern und co. Die koennen ordentlich was her machen, damit man sich sowas auch mal traut muessten allerdings mehr hoergeschaedigte promis her die sowas auch mal modisch zur schau stellen!

Rollstuehle hingegen sind bei weitem weniger einem bestimmten Alter zuzuschreiben. Letztlich muss jeder selber wissen wie er mit sowas um geht, das gehoert zur identitaetsfindung dazu.
Hz 125 250 500 750 1000 1500 2000 3000 4000 6000 8000
dbR 20_25_35_60__60__60__60__50_25___5__15
dbL 10_10_10_10___5___5___5___5___5___5__15
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#14

Beitrag von Henny »

Hallo Quotenkrüppel,
ich weiß nicht, wie alt Du bist, aber offenbar ist 53 für Dich ein Alter, in dem man als Oma im Schaukelstuhl sitzt und (taub oder nicht) die Enkel bespaßt.
Nein, ich bin nicht grauhaarig, nein ich bin nicht in Rente, nein ich bin nicht alt und nein, ich fühle mich auch nicht alt. Ich stehe mitten im Leben, bin Vollzeit berufstätig, von Omatum weit, weit entfernt.
Aber, wie RemyRiver so treffend beschreibt, ist das Bild von Hörgeschädigten in der Öffentlichkeit eben genau so: alt, grau und eben schwerhörig.
Und ich fühle mich MIT den Hörgeräten behindert und geniere mich mit den Dingern. Ohne die HGs ist es beileibe nicht so, dass ich nichts höre, ich verstehe freilich Sprache mit lauten Hintergrundgeräuschen schlecht und Flüstersprache verstehe ich eben gar nicht.
Dass ich das bei anderen HG-Trägern (eine Freundin von mir hat welche) nicht so empfinde (ich erachte meine Freundin natürlich weder als alt noch als dröge), ändert nichts an der Tatsache, dass ICH mich grauenhaft mit den Dingern fühle.
Zumal ich ja momentan auch keine Verbesserung habe, sondern nur eine Veränderung - will heißen: das Sprachverstehen ist nicht deutlich besser, nur die Nebengeräusche sind lauter, ich habe Kopfschmerzen und meine Ohren jucken.
Vielen Dank an Euch alle für Eure Gedanken und Eure Erfahrungen
LG Henny
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#15

Beitrag von Henny »

Hallo Quotenkrüppel,
ich weiß nicht, wie alt Du bist - aber offenbar ist für Dich 53 ein Alter, in dem man als Oma im Schaukelstuhl sitzt und (schwerhörig oder nicht) die Enkel bespaßt.
Nein, ich bin weder ergraut, noch Oma, noch fühle ich mich alt. Ich stehe mitten im Leben, bin Vollzeit berufstätig (und mehr als das...).
Und ich fühle mich MIT den HGs behindert, weil eben das Bild in der Öffentlichkeit genau so ist, wie es RemyRiver treffend beschreibt: grauhaarig, letztes Lebensdrittel, omahaft.
Dass ich andere HG-Träger weder als alt noch als dröge betrachte (eine gute Freundin von mir trägt HGs) hat nichts damit zu tun, wie ICH mich mit den HGs fühle.
Es ist auch nicht so, dass ich ohne HGs nichts höre bzw. verstehe - in lauter Umgebung verstehe ich schlecht, das stimmt. Flüstersprache verstehe ich gar nicht. Allerdings geht das vielen Normalhörenden ähnlich.
Und momentan habe ich ja durch die HGs ja keine Verbesserung, sondern nur eine Veränderung: Nebengeräusche sind lauter, das Sprachverstehen nicht deutlich besser, ich habe Kopfschmerzen und meine Ohren jucken.

Vielen Dank für Euer Mutmachen,
LG Henny
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#16

Beitrag von Henny »

... hach, jetzt isses doppelt drin... warum auch immer.
Sorry, wollte nicht nerven.
LG Henny
Zuletzt geändert von Henny am 20. Mär 2017, 09:50, insgesamt 1-mal geändert.
Quotenkrüppel
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#17

Beitrag von Quotenkrüppel »

Ich bin 34 und nein 53 ist kein Alter für eine "Oma". Allerdings siehst du dich so und schämst dich.

Und genau deshalb trägst du zu dem von dir kritisierten Image bei: Verstecke sie möglichst gut, damit auch nie ein Mensch unter 75 mit HGs gesichtet wird und sich dieses Bild nie manifestiert dass auch jüngere Menschen eines tragen.

Wenn du schon auch mit HG Probleme mit dem Sprachvertändnis hast solltest du sie gleich dreimal offen tragen: Werden sie gesehen nimmt jeder Rücksicht. Werden sie hingegen nicht gesehen, dann wirkst du entweder arrogant (weil du nicht antwortest) oder geistig ein bisschen beschränkt (weil du freundlich lächelnd genau die falsche Antwort gibst oder unsiche über Witze lachst die du nicht verstanden hast).
Zuletzt geändert von Quotenkrüppel am 20. Mär 2017, 10:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#18

Beitrag von Henny »

Hallo Quotenkrüppel,

nein, eben nicht.
Ich bezog mich auf diesen Satz von Dir: "Auch braucht eine Anpassung in diesem Alter wirklich viel Zeit und Geduld. Das stimmt."

LG Henny
Quotenkrüppel
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#19

Beitrag von Quotenkrüppel »

Siehe obige Editierung
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Quotenkrüppel
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#20

Beitrag von Quotenkrüppel »

Und ja, das musst du dir anhören IN DIESEM ALTER BRAUCHT EINE ANPASSUNG VIEL ZEIT UND GEDULD !

Das ist bei jedem Menschen über 20 so. Frage mal einen Akustiker.
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Tinu76
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#21

Beitrag von Tinu76 »

Liebe Henny

Es bleibt wie es ist. Du hörst schlecht. Du bist behindert...

Für mich war dies auch schwierig zu akzeptieren, als ich mit 37 meine ersten Hörgeräte bekam.

Überlege dir in einer ruhigen Minute, ob du überhaupt besser Hören möchtest und zu welchem Preis (Aufwand)...
Es gehört dazu, dass es für dich nicht einfach sein wird, ob mit oder ohne Hörgeräte... deswegen spricht man auch von einer Behinderung.

Die meisten Behinderten sind sehr starke Menschen. Denn sie haben gelernt mit dem Undenkbaren zu leben.

Mein Onkel konnte sich nie wirklich mit Hörgeräten anfreunden. Er kam auch so gut durch das Leben. Ich habe ihn nie jammern gehört.
Mittlerweilen hat er aber das Hören mit Hörgeräten vollständig verlernt (das gibt es). Es spielt für ihn keine Rolle mehr, ob er Fernsehen mit Hörgeräte hört/sieht oder ohne... er versteht gleich viel... nämlich nur ca. 5%.

PS. Ein Hörtraining kann sicher nicht schaden, ob es nützt... ich selbst habe das nie versucht. Weiss jemand mehr?

Liebe Grüsse
Tinu, männlich ;-)
Zuletzt geändert von Tinu76 am 20. Mär 2017, 10:58, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#22

Beitrag von Henny »

Lieber Tinu,
Du schreibst sehr treffend: "Überlege dir in einer ruhigen Minute, ob du überhaupt besser Hören möchtest und zu welchem Preis (Aufwand)..."

Genau diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, wenn ich hier mit schmerzenden, juckenden Ohren mit HGs drin sitze.
Bislang war es nicht schwierig ohne HGs, mit den Teilen habe ich momentan nur Nachteile. Aber nach einer Woche möchte ich die Flinte noch nicht ins Korn werfen.

@Quotenkrüppel: Deine Aussage "Das ist bei jedem Menschen über 20 so." relativiert m.E. Dein vorheriges Posting, denn das klang für mich einfach so, dass im Alter von Ü50 eine Anpassung sowieso relativ sinnlos ist. Wahrscheinlich bin ich momentan einfach überempfindlich, nix für ungut.
Tinu76
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#23

Beitrag von Tinu76 »

Ps. Du hörst ja in den Tiefen eher noch etwas schlechter als in den Höhen. Versuche z.B. auch noch Widex: Habe mir sagen lassen, dass Widex bei Tieftonschwerhörigkeit oft etwas besser ankommt. Gerade auch bei eher hörentwöhnten Personen.

Liebe Grüsse
Tinu

Editiert: ja, Tiefen ist unzutreffend. Könnte mit dem Hörverlust trotzdem eine gute Alternative sein.
Zuletzt geändert von Tinu76 am 22. Mär 2017, 19:11, insgesamt 3-mal geändert.
Ab 2014 Hochtonschwerhörig - Versorgung mit Widex Dream 330 Passion und/oder Bernafon Juna 9 Pico RITE
ab 2017 Versorgung mit Bernafon Zerena miniRITE 9
ab 2021 Versorgung mit Bernafon Alpha
Henny
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#24

Beitrag von Henny »

Hallo Tinu,

äääh... verstehe ich jetzt nicht. Ich höre am schlechtesten im Bereich von 1,5 bis 3 KHz - das ist doch Mittelton bzw. Hochton??
Pfadi
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Re: Bin auch neu hier und völlig neben mir...

#25

Beitrag von Pfadi »

Hallo zusammen,
ich habe ein Terzo - Gehörtraining gemacht. Ich weiß, hier gibt es Kritiker und möchte auch kein Grundsatzdiskussion eröffnen. Für meine Person kann ich sagen- es hat mir definitiv viel gebracht. Die Phase, dass alles schrecklich klingt, die Dinger zudem noch jucken und ich mich nach dem Sinn fragte, war sehr schnelle um. Ich habe innerhalb weniger Wochen Geräte gefunden, mit denen ich glücklich und zufrieden bin.
Viel Erfolg
Pfadi
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