TaubeNuss71 hat geschrieben:
Der Gedanke missfällt mir sehr und ich kann mich kaum damit anfreunden.
Weil ich nur bestimmte Sachen lauter hören möchte und nicht alles.
Hallo und Willkommen!
Du musst wahrscheinlich akzeptieren, dass du mit Hörgeräten einfach alles andere auch wieder lauter hörst, und nicht nur das, was du lauter hören willst. Das ist gerade in der Gewöhnungsphase ein häufiger Kritikpunkt: "Die Nebengeräusche!!" -- höre ich als Akustiker ständig.

Ich versuche meine Kunden dann dahingehend zu sensibilisieren, dass alle anderen Leute diese Geräusche auch hören, und zwar teilweise auch laut. Papierknistern, Klospülung, Straßenverkehr. Das Gehör hat sich nur entwöhnt und kommt zunächst nicht damit klar, dass ja die Welt tatsächlich so laut ist. Der Kopf muss erst wieder neu lernen, "wichtig" von "unwichtig" zu unterscheiden, da dieser Filter im Kopf lange nicht benutzt wurde. Neuversorgte wundern sich üblicherweise über alle möglichen Geräusche: Der klappernde Ehering auf dem Tisch, der knarzende Stuhl, die raschelnde Kleidung, klimperndes Geld. Aber hey: diese Geräusche sind einfach mal da und wollen auch gehört werden.
Du bekommst auch bei der ersten Anpassung nicht gleich die volle Zielverstärkung mit komplettem Lautheitsausgleich auf die Ohren. Da würdest du vom Stuhl springen und den Laden fluchtartig verlassen. Daher fängt man mit einer Einstellung an, bei der du etwas besser hörst, die aber trotzdem für deine (noch) empfindlichen Ohren akzeptabel ist. Die Hörverbesserung ist anfangs eher gering, sie steigt aber im Laufe der Monate und Jahre, wie auch die Toleranz deiner Ohren für Alltagsgeräusche steigen wird. Erfahrungsgemäß kommen meine Kunden nach spätestens einem halben Jahr zu mir und wollen, dass ich es ihnen etwas lauter drehe: "Ja, so ist es schön!" => und schwupps, schon wieder 5 dB näher an der Zielverstärkung.
Versuche am Anfang nicht das Negative zu sehen, sondern achte auf die Sachen, die mit Hörgeräten besser funktionieren als ohne. Und wenn was nicht klappt, lass die Geräte nicht in der Schublade verschwinden sondern ruf den Akustiker an. Der hat ja immerhin auch ein Interesse daran, dass du zufrieden bist und in sechs Jahren das nächste Paar Hörgeräte mit der aktuellen Technik von ihm haben willst.
