Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

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AlfredW
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#51

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

ich denke ähnlich wie Gewichtl; natürlich ist eine Behinderung nicht nur extern; ich werde durch meine Einschränkungen (Gebehinderung, Hörbehinderung) natürlich behindert im Sinne von eingeschränkt mein Leben in derselben Leichtigkeit zu führen wie es für Normalos üblich ist.
Einige Details sind hier ja bekannt.
Außerdem brauchen Normalos mich nicht zu behindern; es reicht aus einfach keine Rücksicht zu nehmen und mich quasi wie einen Normalo zu behandeln. Ist zwar prinzipiell schön, aber dann bin ich eben oft außen vor.
Zu glauben man wird nur von externen Barrieren gehindert etwas zu tun, erinnert mich an einen geworfenen Stein, der denkt er fliegt wann er will.
Am besten wissen dies ehemalige Normalos. Diese können am ehesten sagen wie groß der Unterschied ist.

Gruß

Alfred
bds Innenohrschwerhörigkeit ca. 80 dzb
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Coffee
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#52

Beitrag von Coffee »

Hallo,

dieses "ich bin nicht behindert, ich werde behindert, find ich ja immer der Hammer :D
nicht böse gemeint, ich lass jedem seine Meinung, aber ich muss da immer schmunzeln,
weil ich an den Zug denke, dessen Motoren so laut sind, dass ich den Schaffner nicht verstehe.
Der Zug behindert mich in der Situation (was er nicht tun würde, wenn ich nicht behindert
wär), aber das impliziert ja quasi, dass der Zug behindert ist und nicht ich, wenn er
mich behindert oder? ;) Der Zug behindert mich, also ist er eine Behinderung... also ist
der Zug behindert und nicht ich? Neeee

Das Problem liegt doch eindeutig auf meiner Seite, nicht das Buch ist zu schwer um es hoch zu heben
sondern ich hab (durch meine Muskelerkrankung) zu wenig Kraft, alle anderen könnens ja heben.
Sonst wärs wie in dem guten alten Witz mit dem Geisterfahrer (Radiodurchsage "Achtung ein Geisterfahrer befindet sich auf der A9"- von wegen einer, hunderte!).
Alle anderen müssen falsch liegen, auch wenn sie noch so deutlich in der Mehrheit sind
- was fällt denen auch ein den Schaffner zu verstehen oder das Buch hochheben zu können?

Ich finde nichts schlimm daran, behindert zu sein. Man ist halt anders, muss im Leben Umwege
gehen und Alternativen finden. Das ist mein Problem, dafür muss ich mich doch nicht schämen.

Genauso bin ich auch dafür das Ding beim Namen zu nennen- ob ich jetzt ne Behinderung oder
ein Handicap hab, besonders oder eingeschränkt bin- ändert doch nix?

Ein Problem hab ich mit Leuten, die "du Spast" und "bist du behindert?" als Schimpfwörter verwenden.
Wie so oft- der Ton macht die Musik.

Liebe Grüße
Faber

Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#53

Beitrag von Faber »

jep,
jeder so wie er meint... :)
LG
Gewichtl
Faber

Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#54

Beitrag von Faber »

muggel hat geschrieben: (Und interessant ... "nur" einen GdB von 50, aber volle EU-Rente vs GdB 100 und volle Erwerbstätigkeit -- es erscheint mir, dass da irgendwas schief läuft...)
moin Muggel,
das sehe ich genau so.
nur:
1.
DU solltest wissen dass Erwerbsminderungsrente und GdB zwei verschiedene Dinge sind :)
2.
WO hast du "volle Erwerbstätigkeit" her?
Habe ich das je explizit behauptet?
oder vielleicht nur "Eindruck erweckt"? :) :)
LG
Gewichtl
Zuletzt geändert von Faber am 23. Feb 2018, 03:26, insgesamt 2-mal geändert.
KatjaR
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#55

Beitrag von KatjaR »

Auf die "Ergänzung" zum Artikel der MHH bezogen möchte ich anmerken, dass die 50% derer, die eine normale Sprachentwicklung durchlaufen, schon eine tolle Zahl sind, wenn man bedenkt dass ein CI ja zeitverzögert zum normalen Hören kommt, und auch der daran folgende Anpassungsprozess noch Zeit in Anspruch nimmt. Wenn dann trotzdem bei der Hälfte derjenigen noch eine normale (nicht enorm zeitverzögerte) Sprachentwicklung erfolgt, ist das auch nur der Tatsache zu verdanken, die in einem neuen Befund erhoben wurde, nämlich dass Kinder mit CI Wörter schneller lernen, da sie ja altersgemäß schon weiter sind. https://tu-dresden.de/feeds/tu_pressesp ... 27982bbbe0 Schönrederei hilft keinem, Schlechtreden aber noch weniger, da so leider immer noch viele Kinder von der Chance Hören zu lernen durch Verunsicherung fern gehalten werden. Ich bin als postlingual Ertaubte mit CI immer noch behindert (an entspannter Kommunikation auch unter suboptimalen Bedingungen). Das sehe ich auch als meine Behinderung an und akzeptiere diese, diese ist aber für mich akzeptabel und kein Vergleich zu der Zeit mit Taubheit ohne CI.
Langjährige CI-Trägerin (AB) Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe.
(Rainer Maria Rilke)
ToesRUs
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#56

Beitrag von ToesRUs »

Hallo,

Coffee, deinen Beitrag finde ich sehr gut, wenngleich ich einer der "Wir werden behindert"-Fraktion bin. Der zu laute Zug ist da m.E. eher ein Einzelfall und sicher haben da auch sog. Normalhörende ihre Probleme, den Schaffner zu verstehen. Ein Geisterfahrer, der sich im Recht sieht, ist nicht behindert, sondern eine sehr große Gefahr für sich und die anderen.

Wie immer, es gibt nicht nur Schwarz und Weiß. Deine Einstellung ist richtig, da sie dir weiterhilft.

Möchte ein Beispiel von gestern Abend beim realen Schwerhörigentreff nennen. Wir saßen an einem Tisch in einem Restaurant, schräg gegenüber eine Großfamilie, Oma im Rollstuhl, noch einige Erwachsene, mehrere Kinder. Mir fiel auf, nachdem ich mich gesetzt hatte, dass es von irgendwoher sehr laute Sprache, wohl eines Jungen, kam. Erst nach mehrmaligem Umsehen erkannte ich, dass diese Stimme von besagtem Tisch herrührte und fragte meinen ebenfalls HGs-Tragenden Bekannten, ob er auch fände, dass der Junge etwas laut sei. "Der ist sicher Schwerhörig!" kam als Erwiderung. Ich fand dies nicht so witzig, meinte dann aber doch, dass wir dann ja bald Nachwuchs in unserer Runde haben. Der weitere Abend gestaltete sich so, dass am besagten Tisch dann auch der Vater und die anderen Kinder sehr laut wurden. Irgendwann wurde Oma dann weggerollt und die anderen gingen alle. Zwischenzeitlich hatte ich meine Probe-HGs auf Programm Störschall gestellt, was das Verstehen meines Gegenüber etwas verbesserte. Jedes Mal, wenn es mir zu laut wurde, hielt ich inne und lächelte verständnisvoll. Später, als wir "erlöst" waren, wurde es auch an unserem Tisch lauter und ich hielt dann ebenfalls kurz inne, "der Klügere gibt nach". Ich fühlte mich gestern das erste Mal mit den neuen HGs behindert, bislang funktionierten sie sozusagen tadellos. Gestern wurde mir so richtig klar, dass ich hörbehindert bin. Na und? Alle haben ihr Päckchen zu tragen, die Familie am Tisch gegenüber genauso wie wir vom SH-Stammtisch wie jeder andere auch. Der Abend war jedenfalls schön.

ToesRUs
Faber

Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#57

Beitrag von Faber »

moin,
vor vielen Jahren gab es mal einen TV-Werbeslogan:
"sind wir nicht alle etwas Bluna"? :)
das lässt sich mMn nur noch mit dem - entwendeten - biblischen Spruch toppen:
"wer da unter uns ist, ohne Macke, der werfe den ersten Stein :)
LG
Gewichtl
ToesRUs
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#58

Beitrag von ToesRUs »

Jetzt muss ich doch jammern, sorry Leute. Ich werfe die neuen HGs in die Tonne, ich verstehe nix mehr:

https://www.youtube.com/watch?v=WIslELNY_Qk

Kann mir jemand helfen?

Nicht diskriminierende Grüße

ToesRUS

PS: auch wenn es manchmal traurig is, Spaß muss trotzdem mal erlaubt sein
Dani!
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#59

Beitrag von Dani! »

Selene hat geschrieben:Darum nenne ich mich lieber "schwerhörig" - was wohl weniger schlimm für die Mitmenschen zu sein scheint. Obwohl ich dann gefragt werde, warum ich denn nicht einfach Hörgeräte trage, dafür gäbe es die doch! Tja, mit langen Haaren fallen die Dinger einfach nicht auf, kann ich aber nichts dafür.
Da muss ich dich enttäuschen. Auch bei kurzgeschorenen Haaren fallen die Klumpen hinter den Ohren partout nicht auf. Man muss die Leute trotzdem darauf hinweisen. Oder warum werde auf Bahnsteigen (gefühlt) grundsätzlich ich nach der richtigen S-Bahn gefragt, obwohl 100 andere Normalhörende um mich herumstehen?

Ich trage meine Hörgeräte mit Absicht möglichst offensichtlich, weil wie Momo es vor 5 Jahren schon treffend schrieb...
Momo hat geschrieben:Gilt man lieber als (hör-)behindert, weil man schwerhörig ist und die Leute wissen aber ,,der hört nicht alles so gut und fragt deshalb manchmal nach oder reagiert nicht/ unerwartet, ist aber nicht doof. Oder aber wirkt man manchmal lieber ,,schwer von begriff", weil keiner wissen darf, dass man eine Hörbeeinträchtigung hat.
.. ich also nicht als "schwer von Begriff" tituliert werden möchte.

Ansonsten ist der Begriff "Behinderung" in der Gesellschaft leider ein verbranntes Wort. Der erste Reflex der meisten Menschen ist der, dass man mit Behinderten nix zu tun haben möchte. Das aber auch nur, weil "Behinderung" fast immer nur mit "geistige Behinderung" in Verbindung gebracht wird. Daher vermeide ich dieses Wort bei jeder Art von Behinderung. Selbst dann, wenn man völlig ohne Personenbezug von "Behinderung des Straßenverkehrs" spricht wird man schräg angeschaut.
:sm(16):
Dass es mir gut geht, dafür sind schließlich andere zuständig.
Dominik
R: 20.2.20: Med-el Sonnet2
L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
Dani!
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#60

Beitrag von Dani! »

ToesRUs hat geschrieben:Jetzt muss ich doch jammern, sorry Leute. Ich werfe die neuen HGs in die Tonne, ich verstehe nix mehr:

https://www.youtube.com/watch?v=WIslELNY_Qk

PS: auch wenn es manchmal traurig is, Spaß muss trotzdem mal erlaubt sein
Da liebe ich eher die Videos mit Untertitel:

https://www.youtube.com/watch?v=-XSC_UG5_kU
:sm(16):
Dass es mir gut geht, dafür sind schließlich andere zuständig.
Dominik
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L: 16.12.20: Med-el Sonnet2
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#61

Beitrag von Jani »

ToesRUs hat geschrieben:Jetzt muss ich doch jammern, sorry Leute. Ich werfe die neuen HGs in die Tonne, ich verstehe nix mehr:

https://www.youtube.com/watch?v=WIslELNY_Qk

Kann mir jemand helfen?

Nicht diskriminierende Grüße

ToesRUS

PS: auch wenn es manchmal traurig is, Spaß muss trotzdem mal erlaubt sein
Hallo ToesRUS,

es gibt ja auch Videos mit Untertitel, was Dani! ja schon bereits erwähnt hat. Auch im Fernsehen gibt es die Untertitel. Das macht es einfacher was zu verstehen. ;-)

Liebe Grüße Jani
Seit nach Geburt hörgeschädigt.

rechts: Naída Q70 CI seit 2001
links: Naída Q90 CI seit 2018

"Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar." (Antoine de Saint-Exupéry) :blume1:
ToesRUs
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#62

Beitrag von ToesRUs »

Dani! hat geschrieben:
ToesRUs hat geschrieben:Jetzt muss ich doch jammern, sorry Leute. Ich werfe die neuen HGs in die Tonne, ich verstehe nix mehr:

https://www.youtube.com/watch?v=WIslELNY_Qk

PS: auch wenn es manchmal traurig is, Spaß muss trotzdem mal erlaubt sein
Da liebe ich eher die Videos mit Untertitel:

https://www.youtube.com/watch?v=-XSC_UG5_kU
Dani!, ach das Video, ja stimmt, eines meiner Lieblinge. Aber mit den falschen Untertiteln versehen bei diesem link. Das ist doch unser lieber Gewichtl, als er seinem Akustiker erklärt, dass die TK jetzt seine HGs ohne Aufzahlung komplett übernehmen würden könnte tätärätätä...

Gewichtl, alles nur Spaß :boggle:

ToesRUs
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#63

Beitrag von ToesRUs »

PS:

https://www.youtube.com/watch?v=_Kqs2k7tBis

das ist das Video, wo Gewichtl und fast-foot (der nette Herr links) sich über unsere Moderatorin rabenschwinge köstlich amüsieren (ich bin der Herr gegenüber btw)
Alrad
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#64

Beitrag von Alrad »

Hallo ToesRUs,

deine Kommentare hättest Du Dir auch sparen können. Das finde ich total daneben von Dir. Da verstehe ich keinen Spaß mehr.

Albert
Alrad
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Re: Behinderung ein zu vermeidendes Tabuthema?

#65

Beitrag von Alrad »

Versehentlich doppelt gepostet.
Zuletzt geändert von Alrad am 23. Feb 2018, 17:07, insgesamt 1-mal geändert.
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