Hallo ihr Lieben alten und jungen Hörhasen,
ich befinde mich in einem Alter in dem ich gerne Rückschau halte, und mache mir gerade meine Gedanken darüber, wie ich damals 1974
HGs von meinen Eltern bekam, und wie Eltern heute HGs für ihre Kinder besorgen (können).
Damals, in den jungen 70ern, waren
HGs ja noch eine medizintechnologische Revolution. Sie waren relativ klein, analog und konnten lauter oder leiser gestellt werden. Auf Kinderohren sahen sie aber erbärmlich aus, in Hautbeigefarben, ähnlich wie Stützstrümpfe. Die dunkleren Varianten kamen erst später auf den Markt, aber als ich in die Schule kam, sahen Hörgeräte wirklich noch wie Prothesen aus.
Heute dagegen, 40 Jahre später, sehe ich auffällig bunte
HGs an Kinderohren und frage mich, wie diese damit aufwachsen, bzw. welche Erfahrungen SIE machen.
Meine Kindheitserfahrungen waren so, wie die von Vielen meiner Generation: Verstecken, nicht drüber reden, tun als ob das Kind normal hören könne, aber eben nicht will. Ich wurde oft geschimpft, weil meine Familie den Eindruck hatte, dass ich einfach nicht hören wollte. Dabei trug ich meine
HGs sehr gerne und das von morgens bis abends. In den 70ern und 80ern musste man sich regelrecht schämen, wenn man eine Hörhilfe hatte (die optisch wie eine Strafe aussah, auch wenn sie inzwischen etwas bunter geworden waren). Es soll Menschen gegeben haben, die hinter einem Rücken tuschelten, dass die Eltern nicht in der Lage seien, 'gesunde' Kinder auf die Welt zu bringen. Unfassbar, oder nicht? Damals hielten wir das für normal und versteckten die Hörbehinderungen der Kinder vor den Augen der Gesellschaft. Dadurch wurden mir Hürden aufgestellt, die mit meinen Lebensjahren nur immer höher wurden.
In meinem Leben habe ich also gelernt, dass es 'besser' für mich ist, wenn ich meine Hörbehinderung verstecke, und so war ich permanent gezwungen, diese Maschinen zu tragen, damit eben auch keiner merkte, dass ich sehr schlecht hörte.
Heute bekommen Kinder in auffälligsten Farben
HGs und
CIs und ich bin ziemlich sicher, dass sie für sich einen wesentlich positiveren Umgang mit ihren Hörsystemen finden, als ich damals, und meine Generation. Allein, dass das nahe Gegenüber direkt sehen kann, ob man 'eingeschaltet' ist, oder nicht, ist eine große Hilfe im zwischenmenschlichen Bereich. Denn wie oft habe ich vergessen, meinem Lebensgefährten zu sagen, dass ich dann mal eben offline bin. Er bekam das nicht mit, und das sorgte immer für unnötige Missverständnisse. Wären meine CIs neonfarben schrill, könnte er sehen, ob ich online oder offline bin, daher überlege ich, was mir meine Eltern da beigebracht haben und wie umständlich mein Leben damit war.
Davon abgesehen war mein schlechtes Gehör das Tabuthema der Familie, keiner sprach darüber, da ich ja 'repariert' war. Das Bewusstsein, das ich damals für meine
HGs bekam, ist mit doch mit Sicherheit ein anderes, als das, was junge Eltern heute ihren Hörhäschen beibringen, oder nicht?
Ich überlege, wie diese Kinder als Erwachsene leben werden, und wie sie mit ihren knallbunten Hörsystemen zurechtkommen. Für mich war es rückblickend betrachtet so unfassbar unnötig schwer, so zu tun, als sei ich normalhörend. Seit ich offen mit meinen
CIs umgegangen bin, habe ich so viel mehr positive Erfahrungen gemacht, dass ich mich fragen muss, warum mir diese verwehrt wurden.
Wie ist es bei euch? Neigt ihr eher dazu, eure Hörsysteme zu verbergen, wie ihr es als Kinder gelernt habt, oder seid ihr '
HG-liberal' aufgewachsen und habt einen offenen Umgang mit den
HGs?
Das fände ich mal eine interessante Unterhaltung, alt mit jung, wie war's bei euch, wie ist es bei uns?
Viele Grüße und hoffentlich viele Antworten

Hanna
Lärm zerstört Gehör bis zur Taubheit.
Lärm mit Hörsystemen zerstört Menschen von innen.
Lärm ist keine Bagatelle sondern ein echtes Problem heutzutage.