Noch so 'ne "taube Nuss"
Verfasst: 19. Feb 2009, 03:44
Hallo allerseits,
nach langen Jahren hab ich mich durch einen Zeitschriftenbericht aufgerafft, mich mal wieder um eine Hörgeräteversorgung zu kümmern -- es war die Vorstellung des Phonak Naida in der Elektronik 3/09, die mich hat hellhörig werden lassen.
Naja, und bei der Suche nach mehr Informationen bin ich unter anderem hier über das Schwerhörigenforum und den Schwerhörigenverband gestolpert. War ja klar, heute gibt's zu allem und jedem nen Forum ;D
Ich komme aus dem Nordwesten Hessens, bin 35 Jahre alt und zähle zu den Hochtonschwerhörigen.
Wann die Schwerhörigkeit konkret aufgetreten ist, weiß niemand, wahrscheinlich aber von Geburt an. Meine Mutter hat mich schon mit zwei Jahren zum HNO-Arzt geschleppt, aber der Depp (sorry...) hat ihr nur erzählt man könne noch keine Hörtests machen. Ein Jahr später hat sie auf nem Hörtest bestanden, aber der Depp hat ihr erzählt ich sei halt noch zu blöd für nen Hörtest, ich würd einfach nur auf dem Drücker rumdrücken, wann ich Lust hätte, sie solle nochmal wieder kommen, wenn ich sowas beherrschte. Als ich nach der Einschulung (Regelschule) wieder zum Hörtest da war, weil da nämlich aufgefallen ist, dass ich von hinten angesprochen und auf diverse Töne nicht reagiere, war ich dann plötzlich ein Träumer, bei dem man keinen vernünftigenHörtest machen könne, weil ich viel zu spät reagieren würde. So wäre das auch in der Schule, ich würde halt vor mich hin träumen und deshalb erst reagieren, wenn man mich direkt anspricht.
Der nächste Hörtest war dann mit 11 Jahren, in der 4. Klasse. Meine Mutter hatte mehrfach beobachtet, dass bei "Stille Post" immer bei mir Blödsinn rauskam. Also hat sie mich mal ans Ende der Kette gesetzt und dann den Vorletzten gefragt -- bis dahin war das Wort korrekt, nur bei mir halt ziemlich häufig nicht. Also hat sie den Deppen damit konfrontiert und auf einem weiteren Hörtest bestanden -- keine 10 Minuten kam er dann angelaufen und meinte "Der Junge hört ja gar nichts!". Ach ne! Wer hätte das gedacht. Ich sag ja, ein Volldepp.
Hier mal mein aktuelles Audiogramm (03/2009):
0,5 kHz: 35 dB / 50 dB
1kHz: 80 dB / 75 dB
2 kHz: 115 dB / 90 dB
3 kHz: 115 dB / 100 dB
4 kHz: 115 dB / 110 dB
Er überwies mich dann an die Uni-Klinik nach Göttingen, von dort aus wurde ich nach Würzburg an die Poliklinik geschickt. Man ging von einer mangelnden Beweglichkeit der Mittelohrknochen aus und wollte erst operieren. Das haben aber zum Glück meine Eltern verhindert -- es war nämlich schlicht eine Fehldiagnose, wie sich später rausstellte, denn es ist natürlich die Schnecke.
Immerhin, Würzburg verschrieb daraufhin ein Hörgerät. Zwei wären ja overdone, es reicht schließlich, wenn man auf einem Ohr was hört. Ich bekam irgend welche analogen von Siemens, wenn ich mich recht erinnere. Ein Jahr später dann auch ein zweites. Wie ihr euch vorstellen könnt, war der Nutzen ziemlich begrenzt -- solche Verstärkungsfaktoren in einem stark begrenzten Frequenzbereich hatten die Geräte damals schlicht nicht drauf. Sie haben nur gepfiffen, die Batterien waren ständig leer, und wirklich mehr verstanden hat man auch nicht. Kurzum, sie lagen oft in der Schublade.
Die zweiten, die ich so 3 Jahre später bekam, waren dann schon programmierbar. Keine Ahnung mehr, was das für welche waren, aber sie hatten bereits zwei unterschiedliche Audioprogramme. Eins für drinnnen und eins für draußen. Der Verstärkungsfaktor war besser, aber der Nutzen nicht wirklich, zumal die Dinger zuvorkommenderweise Lüfter-, Motoren- und Lagergeräusche von Festplatten am Liebsten zu verstärken schienen. Ich fing damals mit Computern an und hatte da überhaupt keinen Bock drauf. Also noch ein paar Schubladenhüter.
Ich habe in den folgenden Jahren bei diversen Studien an der Uni Göttingen mitgemacht und bin, nicht zuletzt wegen meinem Computerinteresse, sehr schnell mit digitalen Hörgeräten und DSPs in Kontakt gekommen. Und habe die Frequenzkompression kennengelernt. Natürlich im "handlichen" 19-Zoll-Format. Wobei mir die lineare Frequenzkompression über den gesamten Frequenzbereich, wie er damals erprobt wurde, nicht gefiel. Sie bedeutete ein völlig neues Hören lernen. Von der Frequenztransposition will ich gar nicht reden, das war in meinen Augen nur Müll.
Was ich wollte, war eine abschnittsweise, logarithmische Frequenzkompression mit einstellbarem Streckungsgrad. Ich hab mich sogar mit Soundkartenprogrammierung beschäftigt, um mir sowas vielleicht irgend wann mal selbst zu basteln, aber die PCs waren damals natürlich alles andere als schnell genug, sowas in Echtzeit zu erledigen, von Notebooks mal ganz zu schweigen.
Mit der Zeit gewöhnte ich mich daran, dass ich eben vieles nicht hörte, und warte bis heute auf entsprechende Hörgeräte, seit nunmehr 20 Jahren, in denen diverse Hörstürze und noch ein Tinnitus hinzu kamen.
Nunja, und inzwischen sieht's ja so aus, als sei die Hörgerätetechnik wirklich so weit. Wobei die Naidas offenbar nur eine abschnittsweise lineare Frequenzkompression machen und keine logarithmische mit wählbarem Streckungsgrad. Also mal abwarten, ob ich mit denen was anfangen kann.
Achja, vor fast 4 Jahren hab ich mich auch endlich dazu aufgerafft, meine Behinderung anerkennen zu lassen. Früher sagte man mir, so eine Anerkennung wäre ein zweischneidiges Schwert, weil ich dann auf die Frage nach einer Behinderung das in jedem Fall angeben müsste. Und ich mir so vielleicht den Job verbauen könnte. Was für ein Blödsinn, den mir die vom Arbeitsamt da aufgetischt haben!
Wie auch immer, mehr als 30 Prozent wollte mir das Versorgungsamt nicht zugestehen. Damals kannte ich die Gutachter-Tabelle noch nicht, sonst hätte ich bei meinem Einspruch damit argumentieren können -- denn wenn ich die Tabelle richtig verstehe, müssten mir eigentlich schon 70% zustehen. Was soll's, ich werde mir also einen HNO-Arzt suchen und den mal ein aktuelles Audiogramm anfertigen lassen. Und dann gibt's halt nen Verschlimmerungsantrag. Damit hätte sich dann auch mein Gleichstellungsantrag erledigt...
Viele Grüße, Mirko
nach langen Jahren hab ich mich durch einen Zeitschriftenbericht aufgerafft, mich mal wieder um eine Hörgeräteversorgung zu kümmern -- es war die Vorstellung des Phonak Naida in der Elektronik 3/09, die mich hat hellhörig werden lassen.
Naja, und bei der Suche nach mehr Informationen bin ich unter anderem hier über das Schwerhörigenforum und den Schwerhörigenverband gestolpert. War ja klar, heute gibt's zu allem und jedem nen Forum ;D
Ich komme aus dem Nordwesten Hessens, bin 35 Jahre alt und zähle zu den Hochtonschwerhörigen.
Wann die Schwerhörigkeit konkret aufgetreten ist, weiß niemand, wahrscheinlich aber von Geburt an. Meine Mutter hat mich schon mit zwei Jahren zum HNO-Arzt geschleppt, aber der Depp (sorry...) hat ihr nur erzählt man könne noch keine Hörtests machen. Ein Jahr später hat sie auf nem Hörtest bestanden, aber der Depp hat ihr erzählt ich sei halt noch zu blöd für nen Hörtest, ich würd einfach nur auf dem Drücker rumdrücken, wann ich Lust hätte, sie solle nochmal wieder kommen, wenn ich sowas beherrschte. Als ich nach der Einschulung (Regelschule) wieder zum Hörtest da war, weil da nämlich aufgefallen ist, dass ich von hinten angesprochen und auf diverse Töne nicht reagiere, war ich dann plötzlich ein Träumer, bei dem man keinen vernünftigenHörtest machen könne, weil ich viel zu spät reagieren würde. So wäre das auch in der Schule, ich würde halt vor mich hin träumen und deshalb erst reagieren, wenn man mich direkt anspricht.
Der nächste Hörtest war dann mit 11 Jahren, in der 4. Klasse. Meine Mutter hatte mehrfach beobachtet, dass bei "Stille Post" immer bei mir Blödsinn rauskam. Also hat sie mich mal ans Ende der Kette gesetzt und dann den Vorletzten gefragt -- bis dahin war das Wort korrekt, nur bei mir halt ziemlich häufig nicht. Also hat sie den Deppen damit konfrontiert und auf einem weiteren Hörtest bestanden -- keine 10 Minuten kam er dann angelaufen und meinte "Der Junge hört ja gar nichts!". Ach ne! Wer hätte das gedacht. Ich sag ja, ein Volldepp.
Hier mal mein aktuelles Audiogramm (03/2009):
0,5 kHz: 35 dB / 50 dB
1kHz: 80 dB / 75 dB
2 kHz: 115 dB / 90 dB
3 kHz: 115 dB / 100 dB
4 kHz: 115 dB / 110 dB
Er überwies mich dann an die Uni-Klinik nach Göttingen, von dort aus wurde ich nach Würzburg an die Poliklinik geschickt. Man ging von einer mangelnden Beweglichkeit der Mittelohrknochen aus und wollte erst operieren. Das haben aber zum Glück meine Eltern verhindert -- es war nämlich schlicht eine Fehldiagnose, wie sich später rausstellte, denn es ist natürlich die Schnecke.
Immerhin, Würzburg verschrieb daraufhin ein Hörgerät. Zwei wären ja overdone, es reicht schließlich, wenn man auf einem Ohr was hört. Ich bekam irgend welche analogen von Siemens, wenn ich mich recht erinnere. Ein Jahr später dann auch ein zweites. Wie ihr euch vorstellen könnt, war der Nutzen ziemlich begrenzt -- solche Verstärkungsfaktoren in einem stark begrenzten Frequenzbereich hatten die Geräte damals schlicht nicht drauf. Sie haben nur gepfiffen, die Batterien waren ständig leer, und wirklich mehr verstanden hat man auch nicht. Kurzum, sie lagen oft in der Schublade.
Die zweiten, die ich so 3 Jahre später bekam, waren dann schon programmierbar. Keine Ahnung mehr, was das für welche waren, aber sie hatten bereits zwei unterschiedliche Audioprogramme. Eins für drinnnen und eins für draußen. Der Verstärkungsfaktor war besser, aber der Nutzen nicht wirklich, zumal die Dinger zuvorkommenderweise Lüfter-, Motoren- und Lagergeräusche von Festplatten am Liebsten zu verstärken schienen. Ich fing damals mit Computern an und hatte da überhaupt keinen Bock drauf. Also noch ein paar Schubladenhüter.
Ich habe in den folgenden Jahren bei diversen Studien an der Uni Göttingen mitgemacht und bin, nicht zuletzt wegen meinem Computerinteresse, sehr schnell mit digitalen Hörgeräten und DSPs in Kontakt gekommen. Und habe die Frequenzkompression kennengelernt. Natürlich im "handlichen" 19-Zoll-Format. Wobei mir die lineare Frequenzkompression über den gesamten Frequenzbereich, wie er damals erprobt wurde, nicht gefiel. Sie bedeutete ein völlig neues Hören lernen. Von der Frequenztransposition will ich gar nicht reden, das war in meinen Augen nur Müll.
Was ich wollte, war eine abschnittsweise, logarithmische Frequenzkompression mit einstellbarem Streckungsgrad. Ich hab mich sogar mit Soundkartenprogrammierung beschäftigt, um mir sowas vielleicht irgend wann mal selbst zu basteln, aber die PCs waren damals natürlich alles andere als schnell genug, sowas in Echtzeit zu erledigen, von Notebooks mal ganz zu schweigen.
Mit der Zeit gewöhnte ich mich daran, dass ich eben vieles nicht hörte, und warte bis heute auf entsprechende Hörgeräte, seit nunmehr 20 Jahren, in denen diverse Hörstürze und noch ein Tinnitus hinzu kamen.
Nunja, und inzwischen sieht's ja so aus, als sei die Hörgerätetechnik wirklich so weit. Wobei die Naidas offenbar nur eine abschnittsweise lineare Frequenzkompression machen und keine logarithmische mit wählbarem Streckungsgrad. Also mal abwarten, ob ich mit denen was anfangen kann.
Achja, vor fast 4 Jahren hab ich mich auch endlich dazu aufgerafft, meine Behinderung anerkennen zu lassen. Früher sagte man mir, so eine Anerkennung wäre ein zweischneidiges Schwert, weil ich dann auf die Frage nach einer Behinderung das in jedem Fall angeben müsste. Und ich mir so vielleicht den Job verbauen könnte. Was für ein Blödsinn, den mir die vom Arbeitsamt da aufgetischt haben!
Wie auch immer, mehr als 30 Prozent wollte mir das Versorgungsamt nicht zugestehen. Damals kannte ich die Gutachter-Tabelle noch nicht, sonst hätte ich bei meinem Einspruch damit argumentieren können -- denn wenn ich die Tabelle richtig verstehe, müssten mir eigentlich schon 70% zustehen. Was soll's, ich werde mir also einen HNO-Arzt suchen und den mal ein aktuelles Audiogramm anfertigen lassen. Und dann gibt's halt nen Verschlimmerungsantrag. Damit hätte sich dann auch mein Gleichstellungsantrag erledigt...
Viele Grüße, Mirko