Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

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Rania

Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#1

Beitrag von Rania »

Hallo Leute,

dank meiner HighTec Hörgeräte höre ich ja inzwischen sehr gut. Natürlich ist wie in der vorstellung schon beschrieben, meine Sozialkompetenz etc. auf der Strecke geblieben.
Ich bin auf der Suche nach einem neuen Job im Büro, ich hab bisher immer das nächstbeste annehmen müssen, was natürlich sehr nachteilig für meine Psyche und jetzt auch für die Rente ist.
Ich bin momentan in Arbeit als Bürokauffrau, muss aber wechseln. Da gibt es mehr als 5 Gründe...

LG Rania

Hat jemand eine Idee? Gibt es günstige Jobcoaches? Der eine Arzt, den ich angeschrieben habe, dass er mir vielleicht psychologisch etc helfen kann, antwortet mir nicht (Email ist vor 1 Woche geschrieben wurden, Abwesenheitsnachricht kam auch nicht).
AlfredW
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#2

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

auch deine HiTec-Hörgeräte werden nicht verhindern, dass es Situationen gibt, wo du Schwierigkeiten hast zu verstehen. Aber HiTec hilft schon gut, wie ich selbst erfahren durfte.
Ich denke die Schwierigkeiten bei der Jobsuche hängen ganz generell an der Behinderung und gar nicht mal im speziellen an der Hörbehinderung. Ich habe den Eindruck, dass viele AG eine verminderte Leistungsfähigkeit nei Nehinderten unterstellen; Susnahmen mag es geben. Hinzu kommt noch 5 Tage mehr Urlaub (bei Vorliegen einer Schwerbehinderung), Kündigungsschutz usw.

bei mir hat dies auch einige Zeit gedauert, bis ich im öffentlichen Dienst untergekommen bin; das Gehalt ist zwar nicht so hoch wie in der freien Wirtschaft, dafür aber kontinuierlich.

Gruß

Alfred
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Rania

Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#3

Beitrag von Rania »

Hallo Alfred,

vielen Dank für Deine Antwort. Ich leide permanent auch an Unterschätzung, mir traut man auch ned viel zu. Weiss auch nicht woher das kommt, aber momentan hab ich auch keine Verantwortung wirklich.

Ich hab inzwischen schon mindestens 13 Jobs hinter mir und bin 35. Nur in der Stadt MÜnchen hat man Glück, was brauchbares zu finden, aber da habe ich nichts mehr vom Tage durch die lange Pendelei.

LG Rania
santiago
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#4

Beitrag von santiago »

Hallo!
Ebenso könnte man fragen warum sich Männer gutaussehende schlanke Partnerinnen und Frauen große wohlhabende Partner wünschen :}

Gerade eine Hörbehinderung und ihre Nebenwirkungen machen sich halt durch Einschränkungen bei manchen beruflichen Tätigkeiten, erschwerte Kommunikation und vermindertes Selbstvertrauen bemerkbar. Heute kann jeder AG auch auf eine Menge Bewerber ohne Behinderung zurückgreifen und gleichzeitig spart auch der Staat immer mehr Planstellen für Behinderte ein.

Ich glaube es ist gerade bei Bewerbungen in der freien Wirtschaft wichtig dass man unser im Grunde recht einfaches kapitalistisches System versteht. Ein AG stellt einen Bewerber ein wenn er glaubt dass er mehr Geld einbringt als er kostet. Ein Bewerber wird dann immer trotz aber niemals wegen seiner Behinderung eingestellt. Wenn ein Behinderter dies einmal verstanden hat wird er sich immer auch überlegen was er der Firma bringen kann und warum ihn die Firma trotz seiner Behinderung einstellen sollte.

Allgemein gesehen sind es momentan einfach auch schwere Zeiten für behinderte Arbeitssuchende und mehr als sein Bestes zu geben und zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein kann man sowieso nicht machen.

Gruß
santiago
AlfredW
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#5

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

ach ja ergänzend kommt noch hinzu, dass sich die Arbeit gewandelt hat; früher bekam man sein Päckchen an Arbeit zugeteilt; heute wird projektorientiert und selbständiger gearbeitet. Dies geht einher mit einer erhöhten Anforderung an die Kommunikation; eines unserer Schwachpunkte.
Selbst im öffentlichen Dienst wird es schwieriger.

Gruß

Alfred
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maryanne
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#6

Beitrag von maryanne »

Wow Santiago! Du hast es auf den Punkt gebracht!

Maryanne
Emil
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#7

Beitrag von Emil »

Rania hat geschrieben:
. . . Ich hab inzwischen schon mindestens 13 Jobs hinter mir und bin 35. . . .
LG Rania
Hallo Rania, wenn Du mit 35 Jahren schon 13 Jobs hattest, finde ich überhaupt nicht, dass Du wegen Deiner Sh schwerer Jobs findest. Übrigens ist es für keinen AG eine Referenz wenn der Bewerber in so kurzer Zeit so viele Stellen hatte - und das hat nichts mit Deiner Behinderung zu tun.

Gruß Emil
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santiago
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#8

Beitrag von santiago »

Hallo!

@Maryanne: Danke :shy:

@Alfred: Natürlich wandelt sich die Arbeitswelt auch im öffentlichen Dienst. Die Anforderungen steigen auch dort aber da man nicht mit eigenem Geld arbeitet wird das kapitalistische System nicht ganz so direkt angewendet. Ich glaube es werden im öffentlichen Dienst bei Bewerbungen weniger qualifizierte Behinderte nur wegen der Behinderung abgelehnt. Ich würde den Hauptunterschied zur freien Wirtschaft so sehen dass man bei Minderleistung/häufige Krankenstände nicht sofort gekündigt wird aber es dann zu Mobbing durch die Führung und der Kollegen kommt...

Hier in Österreich ist die Situation so dass über 75% der Firmen ihre Quoten an behinderten MA nicht erfüllen und stattdessen lieber die relativ niedrige Ausgleichstaxe zahlen. Da in der Vergangenheit von der Wirtschaft häufig die gesetzlichen Schutzbestimmungen für Behinderte als Grund für die Nichteinstellung genannt wurde hat man diese seit einigen Jahren testweise ausgesetzt. Dies zeigte allerdings keinerlei Effekt und die Arbeitslosenzahlen stiegen bei den behinderten Menschen trotzdem überproportional.

Bei den 13 Jobs mit 35 Jahren müsste man halt mal überlegen warum so oft gewechselt wurde? Wurde man gekündigt oder hat man selbst gekündigt und warum kam es zu den Kündigungen?

In jungen Jahren sind ein paar Wechsel ganz ok um Erfahrungen zu sammeln. Wenn es aber immer so weitergeht fragt man sich als AG aber natürlich wie lange der AN wohl bei ihm sein wird. Ich würde die Gründe für den Wechsel analysieren und eventuell Kurzgastspiele wo man z.B. die Probezeit nicht überlebt hat aus dem Lebenslauf werfen.

Ein Lebenslauf sollte ja den beruflichen Werdegang beschreiben und kein Firmenverzeichnis sein :}

Gruß
santiago
Gabriele
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#9

Beitrag von Gabriele »

Guten Morgen
Ich denke jetzt spontan auch, das es vielleicht nicht unbedingt an der Hörbehinderung liegen muss.Natürlich kommt jeder anders damit in der Arbeitswelt zurecht aber es gibt ja auch genügend Hilfsmittel. Wenn man demnach noch einen Arbeitgeber hat der auf einen eingeht, es einen Behinderten beauftragten in der Firma gibt, hat man auch als sh sehr gute Chancen.
Meine älteste arbeitet auch im öD, ist beidseits implantiert und hat jetzt nach der Ausbildung wirklich Glück gehabt und direkt eine neue Stelle gefunden. Beim Vorstellungsgespräch hat sie alle Karten auf den Tisch gelegt, aus was man achten muss, auf welche Hilfsmittel sie ggf. benötigt.
13 Jobs in ca. 20 Jahren ist viel...bist du immer wegen deiner sh gescheitert oder gab es auch andere gesundheitliche Gründe? Du schreibst ja selber, das du mit deinen Hörgeräten sehr gut hörst.

LG
Gabi
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santiago
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#10

Beitrag von santiago »

Hallo!
Das Problem in der freien Wirtschaft ist ja einen Arbeitgeber zu finden "der auf einen eingeht" 8-)

In Österreich gibt es seit einiger Zeit einen Einstellungsstopp im staatlichen Bereich. Ausnahmen werden dabei nur mehr ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 70% gemacht.

Der Clou dabei ist dass nun praktisch alle HG-Träger keine Chance mehr haben in diesem Bereich einen Job zu bekommen. 70% oder mehr MdE sind in der Praxis fast nur mehr für GL und CI-Träger erreichbar. Dadurch entsteht für diese Gruppe die skurrile Situation dass sie für die freie Wirtschaft "zu stark" und für den öffentlichen Dienst "zu wenig behindert" sind - sozusagen eine klassische lose-lose Situation :(

Gruß
santiago
maryanne
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#11

Beitrag von maryanne »

Es spielen viele Faktoren eine Rolle. Wer z.B. progredient schwerhörig und als Erwachsener nach mehreren Berufsjahren arbeitslos wird bzw. die bisherige Arbeit der Behinderung wegen nicht mehr leisten kann, hat schlechte Karten.
Santiago, in D ist es ähnlich wie in Ö: lieber wird die Ausgleichsabgabe gezahlt als Behinderte eingestellt.
Gabi, natürlich liegt es nicht NUR an der Behinderung, aber gerade Hörbehinderung ist wirklich ein großes Hindernis im Job. Soweit ich die Situation überblicke, haben diejenigen Hörbehinderten als Berufsanfänger dann die besten Aussichten, wenn der Abschluss am höchsten ist, d.h. Uni-Abschluss.
Nicht alle jungen Menschen mit CI hören/verstehen so gut, dass sie in einem Bürojob klarkommen.
Nach Jobverlust und über 40 ist es ohnehin schon schwer, aber für Hörgeschädigte besonders, wieder eine feste Anstellung zu finden.

Maryanne
KatjaR
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#12

Beitrag von KatjaR »

Sorry schon mal vorab, jetzt wird es etwas theoretisch, wer damit nichts anfangen kann möge mich aber bitte trotzdem nicht in Stücke reißen.
Problematisch an solchen Ursachenzuschreibungen „Probleme einen Job zu finden liegen alleine an der Schwerhörigkeit“ sind die Folgen, die sich daraus für die Motivation ergeben. Weiner unterscheidet dabei 3 Ebenen der Zuschreibung von Erfolg oder Misserfolg:
• Lokation / Lokus (interne vs. externe Ursachen)
• Stabilität (stabile vs. variable Ursachen)
• Kontrollierbarkeit (kontrollierbare vs. unkontrollierbare Ursachen)
Wenn man das Problem Schwerhörigkeit als (alleinige) Ursache ansieht ergibt sich daraus, dass dieses ein Problem meiner eigenen Person ist (Lokation), es sich als stabil erweist(Stabilität) , und ich es als unkontrollierbare Ursache (Kontrollierbarkeit) ansehe, da Schwerhörigkeit letzten Endes nicht geheilt werden kann.
Folge für meine Motivation ist, dass ich mich auf Dauer nicht in der Lage sehe daran aktiv etwas zu verändern. Das ist in diesem Zusammenhang aber fatal! Da muss ich den Ansatz von Santiago unterstreichen, nicht schauen wo liegt das unabänderbare Problem, sondern wie kann ich mich besser qualifizieren, oder eine passende Nische finden für mich. Das wird nicht jedem in der gewünschten Form gelingen, keine Frage, aber dann spielen in den meisten Fällen auch andere Faktoren eine Rolle. Habe ich nicht die nötige Qualifikation für den gewünschten Beruf, oder versuche ich mich in Bereichen die mir auf Dauer zu anstrengend sind? Das machen auch hörgesunde Personen mitunter.
Dann kann man überlegen noch mal über einen Neuanfang zu probieren, oder Fortbildungen in Bereichen zu absolvieren die gefragt sind, Bildungsschecks ermöglichen einiges.
Darüber hinaus sind auch sehr viele Flotthörende, wie sie Alexander Görsdorf (Autor von taube Nuss) niedlicherweise nennt von Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit im Job betroffen, das ist ein sehr komplexes Phänomen, bei dem eine einfache Erklärung zu kurz greift und die Auswirkung auf die Motivation sehr negativ sein kann.
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santiago
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#13

Beitrag von santiago »

Hallo!
Keine Angst, wer Deinen Beitrag bis zum Schluss gelesen hat ist zu ermattet um Dich noch in Stücke zu reißen :lol:

Was die Weiterbildung und die Bildung generell betrifft ist mir etwas Interessantes aufgefallen. Ich glaube gerade bei einer starken Hörbehinderung ist die Formel "höhere Bildung = bessere Berufschancen in der freien Wirtschaft" nicht so überzeugend wie z.B. bei einem Rollstuhlfahrer.

Ich persönlich kenne keinen stark HG oder GL der seine höhere Bildung bis hin zum Studium dann auch in der Privatwirtschaft umsetzen konnte. Alle mir bekannten akademischen HG arbeiten im staatlichen/staatsnahen Bereich. In der Privatwirtschaft sind viele HG in handwerklichen Berufen aber durchaus erfolgreich und können sich trotz Behinderung in der Arbeitswelt durchsetzen.

Das soll jetzt natürlich nicht heißen dass man als HG nicht eine möglichst hohe Bildung anstreben sollte sondern nur dass man diese möglicherweise später in der Privatwirtschaft nicht entsprechend umsetzen kann.

Gruß
santiago
KatjaR
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#14

Beitrag von KatjaR »

Bin ja schon mal froh dass du es bis zum Ende geschafft hast Santiago ;-).
Klar ist, dass man in den meisten Berufen mit höherer Bildung auch oft anspruchsvolle Kommunikation zu managen hat. Bei Gehörlosen ist die Arbeitlosenquote bei Älteren und Akademikern am höchsten, in sofern gebe ich dir recht, dass nicht immer die höhere Bildung das Optimale ist. Das kommt aber eben darauf an, inwiefern eine Kompensation durch HG, CI oder technisches Zubehör eine weitestgehend "normale" Kommunikation trotz Hörschädigung ermöglicht.
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#15

Beitrag von maryanne »

Liebe "Katja",
ich habe es ebenfalls geschafft, dein Posting zu lesen.
Dass höhere Bildung und anspruchsvolle Kommunikation zusammengehen, wage ich zu bezweifeln, weil das Adjektiv "anspruchsvoll" eine große Spannbreite hat. Jeder "nicht-Chef" muss tun, was ihm gesagt wird, wenn er das akustisch nicht versteht, hat er schlechte Karten, da ist es egal, ob er Malergeselle oder nicht-leitender Akademiker ist.

Wesentlich ist m.E., dass jeder Mensch (egal ob behindert oder nicht), den zu ihm passenden Beruf ergreift.

So lange Hörgeschädigte immer noch in Berufen ausgebildet werden, die sie nicht erfüllen können (z.B. die beliebten Umschulungen im Bürobereich), sollten sich die Betroffenen realistische Gedanken machen, was sie können, wieviel sie zu investieren bereit sind (an Zeit, Energie) und was sie wollen.

Welche Quelle besagt, dass die Arbeitslosenquote bei GL bei "Älteren und Akademikern" am höchsten ist. Wer interpretiert da wie den Begriff GL?

Maryanne
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#16

Beitrag von KatjaR »

Liebe Maryanne,
leider kann ich die dazu gehörige Seite nicht mehr aufrufen, die stammt aus der Jahres- Pressekonferenz des Gehörlosenbundes von 2012.
" Neben älteren Gehörlosen seien v.a. gehörlose AbsolventInnen in hohem Maße von Arbeitslosigkeit betroffen, berichtete Rudolf Sailer". Wie da Gehörlosigekit interpretiert wird entzieht sich meiner Kenntnis.
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#17

Beitrag von pascal2 »

Was Santiago sagt kann ich bestätigen.
Ich arbeite in einer größeren Firma in der freien Wirtschaft, in der es einige Hörgeschädigte hat.
Da ist mir auch aufgefallen, daß man keine an Taubheit grenzende Schwerhörigen auf irgendwelchen akademischen Stellen findet.
Die sind alle auf niederen Arbeitsplätzen, auch mit höheren Abschlüssen untergebracht.
Ich glaube schon, daß bei der Einstellung eines Hörgeschädigten durchkalkuliert wird, was ist, wenn der plötzlich ganz ertaubt, was können wir dann mit dem noch anfangen ?
Da schließt sich dann automatisch eine höhere Stelle aus.

Der absolute Horror ist es durchaus, wie es Maryanne schildert, wenn einer hoch einsteigt und dann progredient schwerhörig wird (spätertaubt), der steigt beruflich und gehaltsmäßig dann zwangsläufig ab.
Ich kenne keinen, der in der Freien Wirtschaft heute länger mit hohem Gehalt durchgeschleppt wir, wenn er die dafür geforderte Leistung nicht mehr erbringt und dazu gehört fast immer eine Top Kommunikationsfähigkeit.
Zum Glück hat der weise Trittin die Entwicklung des Deutschen Rentensystems früh erkannt und das Flaschenpfand eingeführt !
santiago
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#18

Beitrag von santiago »

Hallo Maryanne!
maryanne hat geschrieben:Jeder "nicht-Chef" muss tun, was ihm gesagt wird, wenn er das akustisch nicht versteht, hat er schlechte Karten, da ist es egal, ob er Malergeselle oder nicht-leitender Akademiker ist.
Ich glaube man muss den Vergleich zwischen dem Malergesellen und dem nicht-leitenden Akademiker auch über einem längeren Zeitraum betrachten.

Beide beginnen nach der Ausbildung bei einer Firma zu arbeiten und der Maler wird bei entsprechender Begabung und Neigung dabei von Jahr zu Jahr "stärker". Er bekommt für seine gute Arbeit Anerkennung und bezieht daraus Zufriedenheit und Selbstvertrauen. Nach 10 Jahren bekommt er von seiner Firma die anspruchsvollsten Aufgaben und malt z.B. in der Albertina die Ausstellungsräume aus.

Der Akademiker, z.B. ein Architekt, beginnt nach dem Studium ebenfalls bei einer Firma und bearbeitet dort wie alle Berufsanfänger Detaillösungen. Mit den Jahren beginnen seine gleichaltrigen Kollegen dann eigene Projekte zu leiten und damit steigt auch ihr Gehalt. Mit 40 ist der Architekt dann unzufrieden weil er immer noch als "Zulieferer" arbeitet und gehaltmäßig mit seinen Kollegen nicht mithalten kann. Er ist so frustriert dass er kündigt und versucht in den staatlichen Bereich zu wechseln oder als Selbstständiger eine für ihn passende Nische zu finden.

Was ich damit sagen will ist dass sich im Laufe eines Berufslebens eine Hörbehinderung ganz unterschiedlich auswirken kann. Beim tüchtigen Malergesellen kann sie von Jahr zu Jahr "unbedeutender" werden während sie beim Architekten zu immer mehr Unzufriedenheit führen kann. Jahrelang unter seiner eigentlichen Qualifikation zu arbeiten muss man auch erst mal psychisch aushalten können :(

Gruß
santiago
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#19

Beitrag von maryanne »

Ja Santiago, die typische Biographie gibt es nicht. Hierzulande haben wir das Problem, dass Reha-Träger, sei es Arbeitsamt oder DRV, dazu neigen, die Palette an Umschulungsberufen klein und auf unterem Niveau zu halten. Als Akademikerin in Leitungsfunktion bot man mir eine Umschulung zum Maler und Lackierer an! Es werden massenhaft Leute auf Büroberufe umgeschult, die sie nie werden ausüben können.

maryanne
Rania

Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#20

Beitrag von Rania »

Vielleicht sollte ich den Leuten sagen, dass sich mein Gehör nicht verschlechtern wird. Die Kurve ist schon immer gleich und irgendeine Krankheit hab ich diesbezüglich nicht. Aber wie gesagt, Leute die null Ahnung von Hörbehinderung haben, verstehen irgendwie gar nichts und das einzige was sie glauben, Kommunikation is nicht gerade dass, was sie (ich) am meisten brauche im Beruf...

LG Rania
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#21

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

diese Denke kommt daher, dass die Kommunikation für Normalhörende so quasi nebenbei und anstrengungslos vonstatten geht. Und das kann ja gar nicht so schwer sein :-((. Außerdem tragen wir ja Hörgeräte und damit ist wieder alles gut; so wie bei einer Brille auch.
So oder ähnlich ist wohl die Vorstellung der meisten Nichtbetroffenen.

Gruß

Alfred
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Rania

Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#22

Beitrag von Rania »

Ich denke, dass die Leute glauben, dass man mit HG nicht soviel hört? Jedenfalls beweisen das immer wieder meine Mitmenschen.

LG Rania
maryanne
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#23

Beitrag von maryanne »

Hallo Rania,
richtig ist, dass man auch mit HG nicht so hört wir ein Normalhörender.

maryanne
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Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#24

Beitrag von AlfredW »

Hallo,

ergänzend zu meinem Post:
Nichtbehinderte glauben, dass man mit Hörgeräten wieder normal hört;
so wie man mit einer Brille wieder scharf sieht.
Der Unterschied: die Brille gleicht die Fehlsichtigkeit i,d,R. voll aus; das Hörgerät kann aber das Hördefizit nicht voll ausgleichen.

Und da ihnen das Hören keinerlei Mühe bereitet, kann das doch gar nicht so schwer/schlimm sein.

Gruß

Alfred
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Rania

Re: Wieso ist es so schwer, als Hörbehinderte einen neuen Job zu finden?!

#25

Beitrag von Rania »

Hi,

also in meinem Fall hör ich mit meinen Geräten sehr gut aber heute hab ich es endlich jemanden so vermittelt: die hatte Radio im Hintergrund laufen, das war aber direkt hinter meinen Ohren und dann hab ich sie gebeten das Radio auszumachen. Hab ihr gesagt, ich habe sie problemlos verstanden, aber Radio und die gleichzeitig reden - das kann ich nicht verarbeiten oder eben wg. konzentrationsmangel. Sie hat das Radio ausgemacht und voila war die Konzentration besser und die hat mich auch nicht schief angeschaut oder wie auch immer :-).

LG Rania

ps aber bei Vorstellungsgesprächen läuft ja kein Radio, na ich krieg das schon gebacken, den Leuten zu erzählen, was ich jetzt genau höre und was nicht... Vielleicht sollte ich es so machen. Mit meinen HG ist tatsächlich so zu leben wie eine Brille, hören ist für mich in den meisten Fällen mühelos und manchmal hab ich den Eindruck, ich hör wie eine Katze, denn bei einigen Geräuschen geh ich die Wände hoch :-). Z. b. Geschirr, Topf auslöffeln, etc...
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