Liebe Forumsmitglieder,
ich würde euch gerne nach euren Erfahrungen und Meinungen fragen.
Ich bin seit Kindheit schwerhörig, allerdings wurde das von meiner Familie nie weiter verfolgt. Von daher habe ich jetzt bis zu meinem 30. Lebensjahr im Glauben gelebt, dass ich nur eine 30% ige Hörminderung habe.
Ich bin vor einigen Monaten in eine sehr unangenehme Situation gekommen, bei einem Bewerbungsgespräch war ich in einem Raum mit sehr schlechter Akustik und ich habe von den vier Leuten die mir gegenübersaßen kaum die Fragen verstanden. Entsprechend schlecht verlief das Gespräch und ich habe die Stelle nicht bekommen, obwohl ich bereits vorher 2 Tests und weitere Bewerbungsrunden gut überstanden habe. Mein Mann hat mich dann zu einer Untersuchung überredet. Das Ergebnis ist, dass ich nur 30% Hörfähigkeit habe. Entsprechend habe ich jetzt auch einen Schwerbehindertenausweis beantragt. Dieser liegt mir noch nicht vor, ist aber nur eine Formalie mit 50% Grad der Behinderung.
Ich habe mich grade wieder bei zwei Stellen beworben, beides Ämter/Behörden. Jetzt ist meine Frage an Euch. Soll man die Schwerbehinderung direkt angeben? In den Stellenangeboten heißt es ja immer: "bei gleicher Qualifikation werden.... bevorzugt".
Als ich letzte Woche den Schwerbehindertenausweis beantragt habe, habe ich mit der Sachbearbeiterin gesprochen. Die meinte man solle es auf gar keinen Fall sofort in die Bewerbung schreiben.
Jetzt bin ich natürlich völlig verunsichert.
Was habt Ihr für Erfahrungen gemacht, was würdet Ihr mir raten? Es geht speziell um Bewerbung bei Behörden/Ämtern.
Besten Dank für Eure Antworten!
Tatjana
Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Re: Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Hallo Tatjana,
bei Behörden würde ich immer den Schwerbehindertenstatus mitteilen, aber natürlich erst wenn dieser auch wirklich anerkannt ist! Das kann eine ganze Weile dauern und nur dass man einen beantragt hat bringt einem noch keine bevorzugte Behandlung. Das Verfahren kann sich eine ganze Weile hinziehen Wenn der Ausweis vorhanden ist musst du, falls du die formalen Voraussetzungne für die Stelle erfüllst, auch zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Behörden haben auch meistens einen Schwerbehindertenbeauftragten, mit dem ich vor dem Vorstellungsgespräch einn Termin ausmachen würde, um diese schon mal kennen zu lernen und vielleicht den einen oder anderen guten Rat zu bekommen. Wichtig ist jetzt vor allem die apparative Hörversorgung damit du, falls es zu einem Vorstellungsgespräch kommen sollte, besser gewappnet bist.
Viel Erfolg und lG Katja
bei Behörden würde ich immer den Schwerbehindertenstatus mitteilen, aber natürlich erst wenn dieser auch wirklich anerkannt ist! Das kann eine ganze Weile dauern und nur dass man einen beantragt hat bringt einem noch keine bevorzugte Behandlung. Das Verfahren kann sich eine ganze Weile hinziehen Wenn der Ausweis vorhanden ist musst du, falls du die formalen Voraussetzungne für die Stelle erfüllst, auch zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Behörden haben auch meistens einen Schwerbehindertenbeauftragten, mit dem ich vor dem Vorstellungsgespräch einn Termin ausmachen würde, um diese schon mal kennen zu lernen und vielleicht den einen oder anderen guten Rat zu bekommen. Wichtig ist jetzt vor allem die apparative Hörversorgung damit du, falls es zu einem Vorstellungsgespräch kommen sollte, besser gewappnet bist.
Viel Erfolg und lG Katja
Langjährige CI-Trägerin (AB) Das Leben und dazu eine Katze, das gibt eine unglaubliche Summe.
(Rainer Maria Rilke)
(Rainer Maria Rilke)
Re: Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Hallo Tatjana,
sobald du den Ausweis hast, solltest du wohl, wie oben bereits erwähnt, durchaus im Vorfeld zum Bewerbungsgespräch den Verantwortlichen Bescheid geben. Das allerdings auch wirklich nur in einer Behörde, bei der du dich bewirbst. Meiner Erfahrung nach wird es dort sogar eher geschätzt, wenn schwerbehinderte Bewerber vorab über ihre Behinderung informieren. Je nach Behörde kann es sein, dass die Einbeziehung der Schwerbehindertenvertretung in das Bewerbungsgespräch Pflicht ist. In solchen Fällen ersparst du dem Leiter des Bewerbungsgesprächs und dir den Ärger, das Gespräch noch einmal abhalten zu müssen. Es ist zwar auch denkbar, dass auf die Wiederholung mit deiner Einwilligung verzichtet werden kann, allerdings ist man bei Behörden meiner Erfahrung nach besser dran, wenn man im Vorfeld über die Schwerbehinderung informiert.
Viele Grüße und viel Erfolg im Gespräch!
Buzz
sobald du den Ausweis hast, solltest du wohl, wie oben bereits erwähnt, durchaus im Vorfeld zum Bewerbungsgespräch den Verantwortlichen Bescheid geben. Das allerdings auch wirklich nur in einer Behörde, bei der du dich bewirbst. Meiner Erfahrung nach wird es dort sogar eher geschätzt, wenn schwerbehinderte Bewerber vorab über ihre Behinderung informieren. Je nach Behörde kann es sein, dass die Einbeziehung der Schwerbehindertenvertretung in das Bewerbungsgespräch Pflicht ist. In solchen Fällen ersparst du dem Leiter des Bewerbungsgesprächs und dir den Ärger, das Gespräch noch einmal abhalten zu müssen. Es ist zwar auch denkbar, dass auf die Wiederholung mit deiner Einwilligung verzichtet werden kann, allerdings ist man bei Behörden meiner Erfahrung nach besser dran, wenn man im Vorfeld über die Schwerbehinderung informiert.
Viele Grüße und viel Erfolg im Gespräch!
Buzz
an Taubheit grenzend schwerhörig links: HG (Oticon Alta)
rechts: CI (MedEL, Synchrony mit Flex 28-Elektrode / Sonnet), OP: 28.05.2015, EA: 29.06.2015
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Re: Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Erst einmal lieben Dank für Eure Antworten. So wie Ihr es beschreibt habe ich bisher auch gedacht.
Was mich so verunsichert hat ist der Umstand, dass die Sachbearbeiterin bei der Stadt mir sagte, dass es natürlich auf dem Papier Vorteile bringt. In der Praxis meinte sie aber, dass auch Behörden genauso ungern Schwerbehinderte einstellen wie die Wirtschaft. Sie meinte die Argumentation "bei gleicher Qualifikation" wäre immer sehr einfach zu unterlaufen, da man selber ja kein Feedback bekommt und nichts über die anderen Bewerber weiss/erfährt.
5 Urlaubstage mehr z.B. würde niemand gerne gewähren.
Hat jemand von Euch schon mal solche Erfahrungen gemacht?
Mit der appartiven Korrektur bin ich grade dabei, habe allerdings ziemlich Angst davor. Mit 15 hatte ich mal Hörgeräte. Habe dies als sehr unangenehm empfunden. Zum einen weil meine langen Haare immer fiese Störgeräusche erzeugt haben, zum anderen habe alle Geräte als sehr unangenehm laut empfunden. Deshalb habe ich sie in den Jahren nie benutzt. Natürlich waren es noch analoge Geräte. Trotzdem habe ich irgendwo Angst vor der Leistung der digitalen Geräte.
Was mich so verunsichert hat ist der Umstand, dass die Sachbearbeiterin bei der Stadt mir sagte, dass es natürlich auf dem Papier Vorteile bringt. In der Praxis meinte sie aber, dass auch Behörden genauso ungern Schwerbehinderte einstellen wie die Wirtschaft. Sie meinte die Argumentation "bei gleicher Qualifikation" wäre immer sehr einfach zu unterlaufen, da man selber ja kein Feedback bekommt und nichts über die anderen Bewerber weiss/erfährt.
5 Urlaubstage mehr z.B. würde niemand gerne gewähren.
Hat jemand von Euch schon mal solche Erfahrungen gemacht?
Mit der appartiven Korrektur bin ich grade dabei, habe allerdings ziemlich Angst davor. Mit 15 hatte ich mal Hörgeräte. Habe dies als sehr unangenehm empfunden. Zum einen weil meine langen Haare immer fiese Störgeräusche erzeugt haben, zum anderen habe alle Geräte als sehr unangenehm laut empfunden. Deshalb habe ich sie in den Jahren nie benutzt. Natürlich waren es noch analoge Geräte. Trotzdem habe ich irgendwo Angst vor der Leistung der digitalen Geräte.
Re: Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Hallo Tatjana,
habe ich das richtig verstanden? Du hast 30% Resthörvermögen und gehst ohne Hörgeräte durch's Leben? Wenn sie dir am Anfang unangenehm waren, dann waren sie wohl falsch eingestellt. Von daher kein Grund zur Panik: Du kannst bei den Einstellungen jederzeit sagen, ob sich etwas unangenehm anhört und was, dann wird der Akustiker gemeinsam mit dir eine Lösung suchen und die Hörgeräte richtig anpassen. Aber gar keine Hörgeräte zu tragen halte ich bei deinem Hörverlust für keine gangbare Lösung.
Prinzipiell kenne ich das, was deine Sachbearbeiterin gesagt hat, genau andersherum: Nämlich so, dass man tendenziell eher in der freien Wirtschaft als Schwerbehinderter gleich seine Bewerbung unter irgendeinem fadenscheinigen Grund zurück bekommt. Behörden halten sich da in der Regel sehr strikt an die Quotenvorgaben und das AGG (die ja auch vom Staat angestoßen wurden) und sind bemüht, viele - qualifizierte - Schwerbehinderte einzustellen und so gut wie möglich zu integrieren.
Viele Grüße,
Buzz
habe ich das richtig verstanden? Du hast 30% Resthörvermögen und gehst ohne Hörgeräte durch's Leben? Wenn sie dir am Anfang unangenehm waren, dann waren sie wohl falsch eingestellt. Von daher kein Grund zur Panik: Du kannst bei den Einstellungen jederzeit sagen, ob sich etwas unangenehm anhört und was, dann wird der Akustiker gemeinsam mit dir eine Lösung suchen und die Hörgeräte richtig anpassen. Aber gar keine Hörgeräte zu tragen halte ich bei deinem Hörverlust für keine gangbare Lösung.
Prinzipiell kenne ich das, was deine Sachbearbeiterin gesagt hat, genau andersherum: Nämlich so, dass man tendenziell eher in der freien Wirtschaft als Schwerbehinderter gleich seine Bewerbung unter irgendeinem fadenscheinigen Grund zurück bekommt. Behörden halten sich da in der Regel sehr strikt an die Quotenvorgaben und das AGG (die ja auch vom Staat angestoßen wurden) und sind bemüht, viele - qualifizierte - Schwerbehinderte einzustellen und so gut wie möglich zu integrieren.
Viele Grüße,
Buzz
an Taubheit grenzend schwerhörig links: HG (Oticon Alta)
rechts: CI (MedEL, Synchrony mit Flex 28-Elektrode / Sonnet), OP: 28.05.2015, EA: 29.06.2015
rechts: CI (MedEL, Synchrony mit Flex 28-Elektrode / Sonnet), OP: 28.05.2015, EA: 29.06.2015
Re: Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Hallo Buzz,
ja, es sind nur 30%. Mir fehlt aber völlig der Vergleich zum "normalen" Hören. Ich habe mich über die Jahre so arrangiert, dass Menschen die mich nicht kennen es kaum merken.
Aber am 5.5. habe ich einen Termin bei einer befreundeten Hörgeräteakkustikerin, ich muss das Thema jetzt durchziehen.
Konkret geht es bei der Stelle die mich interessiert um eine Zivilstelle der Bundeswehr. Qualifikation und Stelle passen perfekt zusammen, ich will den Job haben. Aber natürlich möchte ich Alles ins Rennen werfen was meine Chancen weiter verbessert. Schliesslich bewirbt man sich selten nur allein um eine spezielle Stelle.
Mit besten Grüßen
Tatjana
ja, es sind nur 30%. Mir fehlt aber völlig der Vergleich zum "normalen" Hören. Ich habe mich über die Jahre so arrangiert, dass Menschen die mich nicht kennen es kaum merken.
Aber am 5.5. habe ich einen Termin bei einer befreundeten Hörgeräteakkustikerin, ich muss das Thema jetzt durchziehen.
Konkret geht es bei der Stelle die mich interessiert um eine Zivilstelle der Bundeswehr. Qualifikation und Stelle passen perfekt zusammen, ich will den Job haben. Aber natürlich möchte ich Alles ins Rennen werfen was meine Chancen weiter verbessert. Schliesslich bewirbt man sich selten nur allein um eine spezielle Stelle.
Mit besten Grüßen
Tatjana
Re: Bewerbung bei einer Behörde, Schwerhörigkeit/Schwerbehinderung direkt bei Bewerbung angeben?
Ich glaub eher umgekehr: Du merkst nicht, dass deine Gesprächspartner es doch merken. Wer einen HV von 70% hat, dem merkt man das an.
