Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

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Silke1402
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Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#1

Beitrag von Silke1402 »

Liebe Forumsmitglieder,
meine Mutter (82 Jahre) hört immer schlechter. Dabei ist die Lautstärke nicht das schlimmste Problem, sondern es fällt ihr sehr schwer einzelne Silben in Worte umzusetzen, bzw. zu verstehen. Also sprechen wir mit ihr extrem abgehackt (Oh-ren-arzt).
HNO Ärztin tippte auf beginnende Demenz oder Nebenwirkung von Anti-Depressiva, die meine Mutter leider nehmen muss.
Also zum Neurologen. CT und EEG gemacht. Alles bestens. Der Neurologe meint es liegt am Hörgerät.
Sie trägt ein Kassengerät, das vom Hörgeräteakustiker angepasst wurde. Auch er meint, es wäre keine weitere Verbesserung machbar.
Hat vielleicht jemand einen Rat für uns, oder erging es Ihnen ähnlich?

Wir wohnen in Hamburg und würden uns über eine Antwort sehr freuen.
Tuchel48.1.1
Beiträge: 399
Registriert: 14. Mai 2015, 12:34
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Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#2

Beitrag von Tuchel48.1.1 »

Hallo, Silke, wie alt ist das Hörgerät? Vielleicht ist es an der Grenze der Leistungsfähigkeit? Laß das beim Akustiker mal überprüfen. Sollte das Gerät nicht mehr ausreichen, sollte der HNO-Arzt ein neues verschreiben. Vielleicht kommt auch ein anderer Akustiker zu einem anderen Ergebnis? NIcht aufgeben, es gibt sicher einen Weg, der deine Mutter zufriedenstellt.

Viel Glück!
Faber

Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#3

Beitrag von Faber »

moin,
anhand dieses Beispieles habe ich jetzt die konkrete Nachfrage an die Hörgeräteanpasserzunft:
"die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen alternativ für Satztests (Gösa/Olsa).
Durchgeführt werden aber - wie in diesem Forum wiederholt bemängelt - nur die 50 Jahre älteren Einsilbertests. Wie will nun ein Hörakustiker bei dieser o.g. speziellen Hörbehinderung dieser älteren Dame überhaupt beurteilen, ob die Hörgeräte nicht doch besser eingestellt werden können, wenn er den dazu sinnvollen Test mit ganzen Sätzen - anstelle Einsilberworten - schlicht nicht durchführen können will?
DAS ist ja jetzt mal wirklich interessant :)
Ich bin gespannt auf fachkundige Aussagen :)
LG
Gewichtl
rabenschwinge
Beiträge: 2702
Registriert: 22. Nov 2017, 19:47
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Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#4

Beitrag von rabenschwinge »

Hmm, ich würde vom Gefühl her eher auf Probleme beim Sprachverständnis tippen und das kann man durchaus einstellen bzw. ein erfahrener und bemühter Aku kann das einstellen.
Ohrenklempner
Beiträge: 10646
Registriert: 20. Feb 2015, 13:08
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Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#5

Beitrag von Ohrenklempner »

Gewichtl hat geschrieben:Wie will nun ein Hörakustiker bei dieser o.g. speziellen Hörbehinderung dieser älteren Dame überhaupt beurteilen, ob die Hörgeräte nicht doch besser eingestellt werden können, wenn er den dazu sinnvollen Test mit ganzen Sätzen - anstelle Einsilberworten - schlicht nicht durchführen können will?
Dazu reicht es doch, nur mit der Dame zu reden. ;)
Leider liefert mir kein Sprachtest konkrete Informationen zur Hörgeräteeinstellung. Ich bekomme eine Zahl, die ist entweder gut oder schlecht. Da muss man dann seinen Kopf einschalten. :D

Jetzt kommt mir aber gerade eine Idee ... vielleicht kommt die Dame besser mit einer lineareren Verstärkung klar und verträgt die Kompression nicht. Ist jetzt mal ganz doof gedacht von mir -- aber einzelne Wörter versteht sie, und ganze Sätze werden zum Klangbrei. Es kommt schon mal vor, gerade bei höhergradigen Hörschädigungen, dass ganze Sätze zum größeren Teil über die Dynamik verstanden werden als über die Hörbarkeit der einzelnen Phoneme.

Normalerweise verstärkt das Hörgerät leise Sprachanteile viel mehr als laute Sprachanteile. Das geschieht über die schnelle Kompression. Bei einsilbigen Wörtern funktioniert das prächtig, damit lässt sich super diskriminieren. Allerdings kann fließende Sprache dadurch übermäßig gequetscht klingen, und es kommen einfach zu viele Informationen "da oben" an. Eine kleine Reizüberflutung im auditorischen Kortex, eine der grauen Zellen drückt den Not-Aus-Knopf und die Sprachwahrnehmung kapituliert. Das wäre jetzt mein Ansatz: Weniger Kompression und einfach mal probieren.

Jetzt kommt es natürlich auch auf den Grad der Hörschädigung an. Manchmal versucht man, auch bei einer Resthörigkeit noch das allerletzte rauszukitzeln, aber trotzdem reicht das, was qualitativ im Gehirn ankommt, nicht mehr aus, um sich aus dem Gehörten einen Reim zu machen. In einem anderen Thema hier geht's doch gerade um "analog" und "digital". Jeder kennt dieses billige Kinderspielzeug oder die singenden Glückwunschkarten -- furchbare Klangqualität, weil wegen des geringen Speicherplatzes nur mit sehr grober Auflösung digitalisiert werden kann. Ähnlich kann man es sich mit dem Hörorgan vorstellen. Wir haben im gesunden Ohr eine ausgezeichnete selektive Wahrnehmung für feine Frequenzunterschiede. Im geschädigten Ohr weniger und im an Taubheiz grenzenden Ohr nur noch wenig. Da ist einfach die Qualität dessen, was im Kopf ankommt, schon sehr schlecht. Da hilft es dann nur noch, langsam und deutlich zu reden.
...zufällig bin ich Experte auf diesem Gebiet... :geek:

Zu audiologischen Ratschlägen, Anpassberatungen oder Hörgeräte-Offerten – Grüßli an die Schwiz! :wave: – fragen Sie Ihren Hörakustiker (m/w/d)!
Coffee
Beiträge: 39
Registriert: 27. Nov 2015, 18:18
9

Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#6

Beitrag von Coffee »

Hallo Silke,

das ist doof, wenn man zwar hört, aber nicht versteht.
Ich hab das selbe/ein sehr ähnliches Problem, bin aber erst 21.
Schwerhörig bin ich nicht, ne klassische AVWS hab ich auch nicht,
aber keinerlei Richtungshören. Die HNOs sind ratlos und ich war
mittlerweile bei mehreren, weil mich das ganze auch bei Treffen mit
Freunden und im Studium beeinträchtigt.
Ich kämpfe mittlerweile drum mal Hörgeräte auszuprobieren, will wissen
was passiert wenn ich ganz hochwertige Hgs trage (für mich ist Störschall
ein großes Problem, vll reichen die groben Störschallfilter in den Hörgeräten
damit ich besser verstehe, evtl hilft mir auch die Verstärkung etwas- ich würds
einfach gern probieren, zu verlieren hab ich ja nichts.

Nach all dem Geschwafel zurück zu deiner Mutter: wenns der Neuro auf die „schlechten“
Kassengeräte schiebt, würde ich zum Aku gehen und bitten, ob sie mal ganz hochwertige
Hörgeräte testen darf- damit lässt sich ja innerhalb vll. 2 Wochen rausfinden ob mit besseren
Hgs was rauszuholen ist.
Wenn sich der Aku weigert eben zu einem anderen gehen, mit der Begründung dass der Neuro
das gern hätte (und wenn nötig sicher eine Verschreibung durchsetzen könnte) ist sicher irgendein
aku bereit sie testen zu lassen- schließlich verdient er an hochwertigen Hgs auch nicht schlecht.

Sollte dabei nichts rauskommen, würde ich mich an eine Uniklinik überweisen lassen in die Audiologie.
Die können dort sehr ausführliche Tests machen und mit etwas Glück rausfisnen, worans hapert.

Ach ja, hast du ähnliche Probleme wie deine Mutter? Bei uns ist es nämlich so dass es mitm Alter immer
schlimmer wird. Mein Gehör is nervig aber noch nutzbar, Unterhaltungen mit meiner Ma werden schon anstrengend und mit meinem Opa ist eine Unterhaltung teils kaum noch möglich weil er (trotz Hörgeräten) so schlecht versteht.

Die Idee vom Ohrenklempner finde ich übrigens nicht schlecht und eine lineare Verstärkung lässt sich ja
ganz einfach umsetzen, red doch mal mitm Aku ob er bereit wär das zum Test mal einzustellen.

Auf jeden Fall viel Erfolg, ich weiß wie nervig es sein kann einfach nix zu verstehen. Toll dass ihr euch so ne Mühe gebt und Recherchiert und eure Sprechweise anpasst!

Liebe Grüße
muggel
Beiträge: 1651
Registriert: 19. Jun 2013, 13:34
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Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#7

Beitrag von muggel »

Hallo,

neben dem peripherien Hören spielt auch das zentrale Hören eine große Rolle.
Momentan belaufen sich Vermutungen darauf, dass der Alterungsprozess des Menschen nicht nur Einfluss auf das Hörorgan Ohr hat, sondern auch Einfluss auf das zentrale Hören.
So konnte in kleineren Kohorten bereits gezeigt werden, dass bei vielen Schwerhörigen im Alter neben dem peripheren Hören auch das zentrale Hören geschädigt ist.

Die Schilderung lässt mich vermuten, dass auch bei der Mutter hier ein Problem besteht. Hörgeräte helfen hier nur bedingt, viel wichtiger ist es jedoch, dass das Hören geübt wird. Audiotherapeuten könnten hier eine erste Anlaufstelle sein.

Das Problem ist, dass sich kaum ein HNO oder ein Neurologe mit diesem Phänomenen auskennen. Einen geeigneten Arzt hierfür zu finden ist momentan wohl noch vergleichbar mit einem 6er im Lotto.

Grüße,
Miriam
Auf mehrfachen Wunsch einer bestimmten Moderatorin hier die Warnung:
Achtung, auch gelegentlich bissig!
Silke1402
Beiträge: 2
Registriert: 28. Nov 2017, 13:56
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Re: Zwischen den Stühlen. HNO Arzt versus Neurologe.

#8

Beitrag von Silke1402 »

Vielen lieben Dank für die netten und konstruktiven Antworten auf unser Hörproblem. Danach zu urteilen, gibt es ja evtl. doch noch Hoffnung die Hörleistung meiner Mutter zu verbessern.
Ich habe mir als nächstes vorgenommen, beim HNO die sämtlichen Befunde und Hörtests einzufordern. Vielleicht bringt das ja erstmal mehr Klarheit darüber, welche Untersuchungen noch Sinn machen würden.
Man fühlt sich schon ein wenig alleingelassen, umso aufbauender und tröstlicher, dass es dieses Forum hier gibt. Nochmals vielen Dank und liebe Grüße aus dem hohen Norden.
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