Gewichtl hat geschrieben:Wie will nun ein Hörakustiker bei dieser o.g. speziellen Hörbehinderung dieser älteren Dame überhaupt beurteilen, ob die Hörgeräte nicht doch besser eingestellt werden können, wenn er den dazu sinnvollen Test mit ganzen Sätzen - anstelle Einsilberworten - schlicht nicht durchführen können will?
Dazu reicht es doch, nur mit der Dame zu reden.

Leider liefert mir kein Sprachtest konkrete Informationen zur Hörgeräteeinstellung. Ich bekomme eine Zahl, die ist entweder gut oder schlecht. Da muss man dann seinen Kopf einschalten.
Jetzt kommt mir aber gerade eine Idee ... vielleicht kommt die Dame besser mit einer lineareren Verstärkung klar und verträgt die Kompression nicht. Ist jetzt mal ganz doof gedacht von mir -- aber einzelne Wörter versteht sie, und ganze Sätze werden zum Klangbrei. Es kommt schon mal vor, gerade bei höhergradigen Hörschädigungen, dass ganze Sätze zum größeren Teil über die Dynamik verstanden werden als über die Hörbarkeit der einzelnen Phoneme.
Normalerweise verstärkt das Hörgerät leise Sprachanteile viel mehr als laute Sprachanteile. Das geschieht über die schnelle Kompression. Bei einsilbigen Wörtern funktioniert das prächtig, damit lässt sich super diskriminieren. Allerdings kann fließende Sprache dadurch übermäßig gequetscht klingen, und es kommen einfach zu viele Informationen "da oben" an. Eine kleine Reizüberflutung im auditorischen Kortex, eine der grauen Zellen drückt den Not-Aus-Knopf und die Sprachwahrnehmung kapituliert. Das wäre jetzt mein Ansatz: Weniger Kompression und einfach mal probieren.
Jetzt kommt es natürlich auch auf den Grad der Hörschädigung an. Manchmal versucht man, auch bei einer Resthörigkeit noch das allerletzte rauszukitzeln, aber trotzdem reicht das, was qualitativ im Gehirn ankommt, nicht mehr aus, um sich aus dem Gehörten einen Reim zu machen. In einem anderen Thema hier geht's doch gerade um "analog" und "digital". Jeder kennt dieses billige Kinderspielzeug oder die singenden Glückwunschkarten -- furchbare Klangqualität, weil wegen des geringen Speicherplatzes nur mit sehr grober Auflösung digitalisiert werden kann. Ähnlich kann man es sich mit dem Hörorgan vorstellen. Wir haben im gesunden Ohr eine ausgezeichnete selektive Wahrnehmung für feine Frequenzunterschiede. Im geschädigten Ohr weniger und im an Taubheiz grenzenden Ohr nur noch wenig. Da ist einfach die Qualität dessen, was im Kopf ankommt, schon sehr schlecht. Da hilft es dann nur noch, langsam und deutlich zu reden.