Hörgerät einseitig?

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Arti
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Hörgerät einseitig?

#1

Beitrag von Arti »

Hallo Forum,

ich habe eine Frage an euch. Versuche mich kurz zu fassen.

Mein Vater ist 78 Jahre alt und leider sehr schwerhörig.
Mit viel Diplomatie habe ich ihn heute zu einem Besuch bei einem HNO-Arzt überredet. (Er hasst Arztbesuche)

Der Arzt hat die Ohren untersucht.
Das rechte Ohr hat ein Loch im Trommelfell, seit seiner Jugend. Das wurde nie behandelt. Dieses Ohr ist fast taub.
Das andere Ohr ist schwerhörig.
Der Hörtest ergab: Hohe Töne hört mein Vater nicht,
mittlere schlecht und tiefe altersentsprechend gut.

Das bedeutet: Vater hört nur, wenn das Gegenüber brüllt. Er selber spricht viel zu laut. Der Fernseher ist bis zum Anschlag laut eingestellt. Ich hoffte auf ein Hörgerät.

Mein Vater würde ein Rezept dafür sofort bekommen, wenn er es möchte.
Heute hat er "nein" gesagt. Er kann sich mit dem Gedanken noch nicht anfreunden. Und ich verstehe das auch.

Ich habe eine Frage zu dem, was der Arzt mir gesagt hat:

Mein Vater müsste auf beiden Seiten Hörhilfen tragen. Das Ohr mit dem Loch im Trommelfell würde dann "laufen".
Das würde meinen Vater ganz sicher stören. Das würde er als Verschlechterung sehen.

Ich fragte den Doc, ob Vater nicht ein Hörgerät auf der anderen Seite tragen könnte.
Dazu meinte der Arzt, dass man dann ein Ohr stilllegt. Und das will man nicht. Man will beide Seiten aktivieren.

Ich jetzt etwas down.
Meine Mutter ist ein Nervenbündel durch die Situation zu Hause.
Ich hoffte, dass mein Vater ein Hörgerät wenigstens probiert (ergebnisoffen).
Wenn das aber dazu führen wird, dass das beschädigte Ohr Flüssigkeit absondert, ist das nicht das Richtige.

Ich danke euch schon mal für´s lesen.

LG
Arti
svenyeng
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Re: Hörgerät einseitig?

#2

Beitrag von svenyeng »

Hallo!

Es ist immer besser wenn man beide Seiten versorgt.

Das viele Menschen bezüglich HGs so stur sind ist wirklich schlimm.
Die merken einfach nicht wie sie sich von der Gesellschaft absondern.

Sag ihm das die Familie darauf besteht, das er einfach erst mal ein paar Wochen verschiedene HGs testet. Danach kann man sehen wie es weitergeht.
Er wird dann merken was er schon lange alles gar nicht mehr gehört hat und das die Kommunikation mit anderen Menschen sehr viel einfacher ist.
Dann wird er sicherlich anders drüber denken.

Gruß
sven
uninteressant
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Re: Hörgerät einseitig?

#3

Beitrag von uninteressant »

Etwas ist besser als gar nichts. Schultheorie sagt beide Ohren. Wenn das aber aufgrund besonderer Umstände nicht geht, würde ich das überhaupt erst mal mit einem Ohr versuchen. Dein Vater wird sowieso, wenn zwei gekauft werden, eins immer im Schrank liegen lassen wenns ihm nicht passt.

Andersrum gesagt - Anpassung und tatsächliche Nutzung werden mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso durch den Willen deines Vaters abweichen.
rabenschwinge
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Re: Hörgerät einseitig?

#4

Beitrag von rabenschwinge »

Ähnliches befürchte ich auch. Im Hinterkopf meinen alten Herrn, der ebenso stur und bärbeißig war. Wenn überhaupt trug er ein Hörgerät sehr widerwillig und "helfen tat es für sein Empfinden auch nicht.
Selene
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Re: Hörgerät einseitig?

#5

Beitrag von Selene »

Hallo Arti,

kann es sein, dass der HNO mit "laufen" nur meinte, dass das Ohr beim Hören/Verstehen "mitläuft", aber vermutlich nicht viel zum Verstehen beitragen wird?
Das ein am Trommelfell beschädigtes Ohr beim lauteren Einspielen von Geräuschen Flüssigkeit absondert, habe ich bislang noch nie gehört.

Ich habe mich auch Jahrzehntelang gegen ein Hörgerät gewehrt. Bis dass die neuen Modelle mit RIC angeboten wurden. Die sind so angenehm zu tragen und bei einem Hörverlust wie dem deines Vaters - (hauptsächlich die hohen Frequenzen) einfach super.

Wenn ich jetzt in die Natur gehe, höre ich sämtliche Vögel, Hummeln und Bienen die vorbeifliegen, Grillen zirpen ... Es ist so schade, dass ich das so viele Jahre nicht gehört habe.

Man sagt, dass der Mensch sich nach 21 Tagen an etwas Neues gewöhnt hat. Sag ihm, er solle sich bloß lumpige 21 Tage lang auf das Testen von Hörgeräten einlassen ... Und er wird sie nicht mehr missen wollen.

Ich trage oft nur im rechten Ohr mein HG, wenn ich mit Menschen rede.
Mein linkes Ohr ist schwer durch Morbus Meniere geschädigt und damit höre ich alles verzerrt. Immer trage ich es aber draußen, damit kann ich dann sicherer durch die Welt laufen, weil ich Autos u.a. damit dann auch wahrnehme.

Lieben Gruß
Selene
Tinnitus (früher Morbus Meniere), durch Hörstürze beidseits ca. 50-70 dB Schwerhörig. Seit dem 11. Oktober 2017 Trägerin von Oticon opn 1 mit T-Spule Ex-Hörer mit geschlossenen Schirmchen. :idee:
Hörer2018

Re: Hörgerät einseitig?

#6

Beitrag von Hörer2018 »

Ich, 72J, denke, das Hauptproblem ist die persönliche Prägung. Früher - das ist für einen Spätsiebziger: vor 30-60 Jahren.
Da waren Hörgeräte gegenüber den heutigen auch Mist. (Damals natürlich high end Hilfe)
svenyeng
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Re: Hörgerät einseitig?

#7

Beitrag von svenyeng »

Hallo!

Mit ist grad noch was eingefallen:

Trägt Dein Vater eine Brille?

Wenn ja, dann sprech mit ihm und sage ihm das er doch eine Brille trägt die ihm hilft zu lesen. Das ist eben ein Hilfsmittel.
Mit Hörgeräten ist es nicht anders. Das sind einfach Hilfsmittel.

Weiterhin würde ich dann einfach nicht mehr mit ihm sprechen bzw. nur in normaler Lautstärke mit ihm sprechen, wenn er sich nach wie vor dagegen wehrt. Das sollte die ganze Familie durchziehen. Ihr könnt einfach sagen das Eure Stimme das nicht mehr mit macht immer zu schreinen
Er wird dann merken das er so am Leben nicht mehr teilnimmt und dann sicher HGs will.

@Selene:
Ich habe mich auch Jahrzehntelang gegen ein Hörgerät gewehrt. Bis dass die neuen Modelle mit RIC angeboten wurden. Die sind so angenehm zu tragen und bei einem Hörverlust wie dem deines Vaters - (hauptsächlich die hohen Frequenzen) einfach super.
Das verstehe ich nicht. Auch ohne RIC störten mich die HGs nicht.
Natürlich ist die Versorgung mit RIC für die Verständlichkeit noch viel besser.
Vorher hatte ich halt ne größere Otoplastik und den Schlauch zu den HGs.
Aber auch die HG Größe war kaum größer.
Na ja und so dick waren die Schläuche auch nicht.

Gruß
sven
uninteressant
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Re: Hörgerät einseitig?

#8

Beitrag von uninteressant »

Eine Brille tragen 50% der Bevölkerung. Ein Hörgerät ist noch etwas besonderes. Die Häufigkeit einer Hilfe ist entscheidend.
rabenschwinge
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Re: Hörgerät einseitig?

#9

Beitrag von rabenschwinge »

Was mir um Kopf rumgeht: der Hörschock. Die Welt des alten Herrns dürfte ziemlich leise und beherrscht von dunklen Tönen sein. Er wird sich komplett neu einhören müssen. Mit 78 nicht mehr ganz so easy.
Selene
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Re: Hörgerät einseitig?

#10

Beitrag von Selene »

svenyeng hat geschrieben: Weiterhin würde ich dann einfach nicht mehr mit ihm sprechen bzw. nur in normaler Lautstärke mit ihm sprechen, wenn er sich nach wie vor dagegen wehrt. Das sollte die ganze Familie durchziehen. Ihr könnt einfach sagen das Eure Stimme das nicht mehr mit macht immer zu schreinen
Er wird dann merken das er so am Leben nicht mehr teilnimmt und dann sicher HGs will.
Eine sehr gute Idee - das haben mein Mann und unser Sohn auch bei mir gemacht und es hat geklappt. :eek: :lol:

Mein erstes Hörgerät, das ich 1999 bekam, hatte eine große Otoplastik, die mir total unangenehm im Ohr war. Sie füllte das ganze Ohr aus und ich fühlte mich damit abgeschlossen.
Mit den RIC ist das anders, die Doms sind so tief im Ohr, dass ich sie mit der Fingerspitze nicht erreichen kann, und die ganze Ohrmuschel ist frei. So vergesse ich jetzt manchmal, dass ich HG trage.
Die Größe des HG hinter dem Ohr hat mich nie interessiert.

LG
Selene
Tinnitus (früher Morbus Meniere), durch Hörstürze beidseits ca. 50-70 dB Schwerhörig. Seit dem 11. Oktober 2017 Trägerin von Oticon opn 1 mit T-Spule Ex-Hörer mit geschlossenen Schirmchen. :idee:
waswie
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Re: Hörgerät einseitig?

#11

Beitrag von waswie »

Der Hörtest ergab: Hohe Töne hört mein Vater nicht,
mittlere schlecht und tiefe altersentsprechend gut.
Die hohen Töne interessieren ihn nicht, ihr sollt lauter und vor allem deutlicher sprechen ;) Die Töne haben ihn nicht überzeugt.
Mein Vater würde ein Rezept dafür sofort bekommen, wenn er es möchte. Heute hat er "nein" gesagt.
Ich hätte die Untersuchung mit Ziel auf ein Hörgerät angemeldet, dann hätte er auch den Worttest machen müssen, mit der Chance zu erkennen (und auch einzugestehen), wie schlecht er wirklich hört.

Ihr hattet das Thema sicherlich schon x-mal, wenn ein Dritter ihn mit seiner Schwerhörigkeit konfrontiert, hat dies eine viel größere Wirkung ;)
LG, Dieter
uninteressant
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Re: Hörgerät einseitig?

#12

Beitrag von uninteressant »

Selene hat geschrieben:
svenyeng hat geschrieben: Weiterhin würde ich dann einfach nicht mehr mit ihm sprechen bzw. nur in normaler Lautstärke mit ihm sprechen, wenn er sich nach wie vor dagegen wehrt. Das sollte die ganze Familie durchziehen. Ihr könnt einfach sagen das Eure Stimme das nicht mehr mit macht immer zu schreinen
Er wird dann merken das er so am Leben nicht mehr teilnimmt und dann sicher HGs will.
Eine sehr gute Idee - das haben mein Mann und unser Sohn auch bei mir gemacht und es hat geklappt. :eek: :lol:

Mein erstes Hörgerät, das ich 1999 bekam, hatte eine große Otoplastik, die mir total unangenehm im Ohr war. Sie füllte das ganze Ohr aus und ich fühlte mich damit abgeschlossen.
Mit den RIC ist das anders, die Doms sind so tief im Ohr, dass ich sie mit der Fingerspitze nicht erreichen kann, und die ganze Ohrmuschel ist frei. So vergesse ich jetzt manchmal, dass ich HG trage.
Die Größe des HG hinter dem Ohr hat mich nie interessiert.

LG
Selene
Auch Otoplastiken können klein sein. Doms für einen 80jährigen - keine gute Idee.
Arti
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Re: Hörgerät einseitig?

#13

Beitrag von Arti »

Hallo ihr Lieben,

Danke!
Ich sehe gerade, dass mein post beantwortet wurde.

Viele Anregungen dabei, Begriffe, die ich noch nie gehört habe.
Ich mach nich heute an´s beantworten.

Habt einen schönen Sonntag

LG
Arti
Zuletzt geändert von Arti am 15. Apr 2018, 08:27, insgesamt 2-mal geändert.
fast-foot
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16

Re: Hörgerät einseitig?

#14

Beitrag von fast-foot »

Hallo Arti,

hier meine Sichtweise:
Arti hat geschrieben:Der Hörtest ergab: Hohe Töne hört mein Vater nicht,
mittlere schlecht und tiefe altersentsprechend gut.
Wenn Dein Vater hohe Töne gar nicht hört, bringt ein Hörgerät in jenem Bereich nichts; es sei denn, man wähle eines mit so genannter Frequenzkompression aus.

Ausserdem ist zu beachten, dass der Knackpunkt oftmals das Verstehen von Sprache im Störschall ist; der Nutzen auch aktueller Geräte ist immer noch begrenzt.

Allerdings scheint Dein Vater bereits nicht mehr viel zu verstehen, wenn nur eine Person spricht. Zumindest hier könnte ein Hörgerät (allenfalls mit Frequenzkompression) zur Verbesserung des Sprachverstehens beitragen (das hängt auch von der Pathologie des Gehörs ab - eine Verstärkung kann sogar das Gegenteil bewirken).
Arti hat geschrieben:Mein Vater müsste auf beiden Seiten Hörhilfen tragen.
Müssen tut niemand. Ein Hörgerät kann zwar (in erster Linie) das Sprachverstehen verbessern - das muss jedoch nicht immer der Fall sein. Und entscheidend ist, ob der Schwerhörige Hörgeräte überhaupt akzeptiert - wenn nicht, kann er nicht zum Tragen gezwungen werden.
Arti hat geschrieben:Das rechte Ohr hat ein Loch im Trommelfell, seit seiner Jugend. Das wurde nie behandelt.
Besteht kein Interesse, dies nach zu holen? Grundsätzlich kann man so ein Loch verschliessen. Ich würde mich allerdings genau erkundigen, welche Verbesserungen zu erwarten sind und welche Risiken bestehen etc. - falls Dein Vater überhaupt Interesse hat (oder für eine Behandlung in Frage kommt) etc.

Noch kurz zu den Vergleichen mit einer Brille: diese hinken (fast) immer.

Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme
Tuchel48.1.1
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Re: Hörgerät einseitig?

#15

Beitrag von Tuchel48.1.1 »

Hallo, Leute, "nur 1" ist oft besser als gar keines! Auf der "tauben" Seite wäre ein CI angebracht, auf der hörenden Seite ein Hörgerät, aber das hat nur Sinn, wenn der Mann das Hörgerät auch akzeptiert. Man sollte das mal probieren, es kann ja auch sein, daß der Mann nach einer gewissen Zeit doch einsieht, daß man mit Hörgerät besser hört und versteht, er möchte doch bestimmt mit seinen Angehörigen auch sprechen können, wenn sie ihn besuchen. Daß das HÖren mit viel Übung verbunden ist, wissen wir alle, die wir betroffen sind. Aber ob der alte Mann noch die Geduld hat und den Willen, das hören zu lernen?
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