Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

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Conni
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Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#1

Beitrag von Conni »

Guten Tag,

ich bin Grundschullehrerin und habe vor einer Woche eine Stelle an einer Grundschule mit Klassen für hörgeschädigte Kinder angetreten. Die Klassen werden zwar von Sonderpädagoginnen geleitet, die jedoch alle keine Musiklehrerinnen sind. So muss ich als Musiklehrerin in einer 6. Klasse Musikunterricht geben, obwohl ich keine sonderpädagogische Ausbildung habe. In dieser Klasse sind 4 Kinder, die ich 2mal wöchentlich eine Stunde unterrichte und 2 Kinder, die nur einmal wöchentlich dazukommen.
3 der Kinder beteiligen sich sehr aktiv im Unterricht, wiederholen Unterrichtsinhalte und Aufgabenstellungen, so dass ich sicher bin, dass sie mich gut verstehen und auch intellektuell meinem Unterricht folgen können. Ein Mädchen ist extrem still, sie kann aber sprechen und versteht mich nach Angabe ihrer Mitschüler auch. Ein Mädchen hat ein Implantat. Ich trage in den Stunden so ein Headset mit einem Gerät daran, so dass sie mich besser hören kann. Da sie das Implantat noch nicht lange hat, ist sie aber immer auf das Ablesen von den Lippen angewiesen und scheint auch damit Schwierigkeiten zu haben. Ein Junge ist gehörlos und kann auch nicht sprechen. Er kann gebärden, einige andere Kinder der Klasse können ein bisschen gebärden und helfen dann zu übersetzen, ich kann nicht gebärden und habe jetzt die ersten Wörter von den Kindern gelernt.
Meine Vorgängerin hat die Kinder wohl viel schreiben lassen und in einer Stunde pro Woche mit ihnen in der Turnhalle getanzt. Leider stieß der Vorschlag zu tanzen nun schon auf Protest bei einigen Kindern, es ist ihnen vorerst über, aber vielleicht mögen sie ja in einigen Wochen doch wieder tanzen. ;)
Ich habe nun alle Ideen für den Musikunterricht zusammengetragen, mit denen ich alle Kinder so weit wie möglich beteiligen kann.
Zur Zeit bringe ich ihnen die Grundlagen der Rhythmuslehre bei (Notenlängen), wir klatschen und klopfen gemeinsam möglichst im gleichen Metrum (und visualisieren das in Form von Noten). Zusätzlich habe ich ein Musikstück ausgewählt, zu dem wir dann erstmal mitklatschen und mitklopfen, eventuell später mitsingen. Ich lasse sich die Kinder direkt vor die Lautsprecher der Anlage setzen, weil ich annehme, dass sie dann die Musik besser hören, als wenn sie die Lautsprecher im Rücken haben. (Ist meine Annahme richtig?)
Den gehörlosen Schüler und das Kind mit dem Implantat habe ich letzte Stunde dann die Hände auf die Lautsprecher des Keyboards legen lassen und in tiefer Lage bei dem Stück mitgespielt, so dass sie die Vibrationen spüren konnten.
Eine weitere Idee war, den Lautsprecher auf einen Tisch (oder den Boden) zu legen und sehr laut zu stellen, damit Tisch oder Boden schwingen. Leider scheinen die Lautsprecher zu schwach zu sein, ich fühle jedenfalls nichts.
An Instrumenten gibt es Xylophone (die Resonanzkörper schwingen nicht merklich, wenn ich darauf spiele), ein Keyboard, eine Gitarre, 2 Röhrentrommeln (klingen etwas "voller" als Klanghölzer), schlecht klingende Zymbeln (Mini-Becken) und Klanghölzer. Weiterhin gibt es im Raum eine Musik-Anlage (CD-Player), einen Kassettenrekorder, einen Videorekorder und einen Fernseher. Der Musikraum ist sehr groß, sehr hoch, hallt stark und hat Parkettboden. (Der Klassenraum der Kinder ist mit Auslegware versehen, aber dort gibt es die technischen Geräte nicht.)

Habt ihr Ideen, wie ich insbesondere den gehörlosen Schüler und das Kind mit Implantat so weit wie möglich in den Unterricht einbeziehen kann?
Ich habe schon überlegt: Selber Instrumente aus Alltagsgegenständen bauen (größere Rasseln oder Regenmacher, da kann man die Geräusche auch gut fühlen), Tanzen (wenn die Kinder wieder mögen), Body-Percussion (klatschen, klopfen, schnipsen...), häufiger Einsatz der vorhandenen Instrumente und eine Umsetzung eines Musikstückes mit Tüchern (da kann der gehörlose Junge mitmachen, auch wenn er die Musik nicht hört).
Ich fühle mich sehr unsicher in der jetzigen Situation, einfach weil ich keine Ahnung habe, weil ich nicht über die Köpfe der Kinder hinweg unterrichten will und auch weil die Fachkräfte an der Schule mir zwar so viele Tipps wie möglich gaben (z.B. bezüglich Nachteilsausgleich bei der Zensierung), aber sie haben von Musik nicht so viel Ahnung und konnten mir da auch nicht weiterhelfen.

Grüße,
Conni

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[Editiert von Conni am: Sonntag, Februar 6, 2005 @ 04:43 PM][/size]
Nina M.
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#2

Beitrag von Nina M. »

Hallo Conni!

Erstmal find ich es klasse, dass du dir soviele Gedanken machst! Das tut durchaus nicht jede Lehrerin.

Ideal für Gehörlose/Schwerhörige wäre natürlich trommeln, vorzugsweise mit Conga oder Djembe, leider habt ihr sowas wohl nicht zur Verfügung.
Gitarre halte ich bei hörgeschädtigen Kindern für nicht so sinnvoll, vor allem wenn gehörlose Kinder dabei sind. Man fühlt da nix und hört auch nicht besonders viel.

Klopfen, Klatsch, also allgemein alles was mit Rhythmus zu tun hat ist gut.

Die Kinder direkt vor die Lautsprecher setzen hilft meiner Meinung nach nur begrenzt. Viele Schwerhörige sind auch empfindlich bei zu großer Lautstärke, weil dann die Töne verzerren. Besser wäre wirklich, wie du selber geschrieben hast, den Lautsprecher auf den Boden zu stellen, so dass der Boden schwingt. Probier es doch einfach mal aus, meines Wissens nach ist die "Fühlfähigkeit" von Musik bei Gehörlosen ausgeprägter als bei Hörenden. Ich würds einfach testen und die Kinder fragen ob sie was spüren können. Man kann sich ja auch auf den Boden legen z.B. da spürt man noch eher etwas.

Was die schlechte Akustik angeht: wie sieht es in dem Raum denn aus mit Vorhängen? Oft ist schon viel geholfen, wenn man z.B. schöne lange Vorhänge aufhängt oder Stoffbahnen an die Decke (das sieht auch schön aus!).

Gruß,
Nina
Schwerhörig seit dem 11. Lebensjahr, beidseitig mit CI's versorgt (1. CI 6/2003, 2.CI 10/2006)
Conni
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#3

Beitrag von Conni »

Hallo Nina,

danke für deine schnelle Antwort.
Also zwei von den schwerhörigen Kindern sagten gleich, dass sie es gut finden mit dem Gesicht zu den Lautsprechern zu sitzen. Vielleicht hat es wirklich was damit zu tun, dass die Lautsprecher nicht besonders leistungsstark sind (sind auch nur so kleine).
Ich werd mal probieren, ob der Boden schwingt. Der ist zwar immer recht schmutzig, aber ich habe die Klasse 2mal wöchentlich in der 1. Stunde, so dass am Vortag sauber gemacht sein müsste.
Trommeln gibt es nicht. Man könnte höchstens aus Jogurtbechern + Butterbrotpapier + Haushaltsgummi welche basteln, aber ob das so der Hit ist, weiß ich nicht. :ooh:
Vorhänge gibt es bisher auch noch nicht. Das Problem ist, dass es kein Geld gibt. Die Stadt ist pleite, es gibt keinen Haushalt und ich selber gebe schon so viel Geld für Unterrichtsmaterialien, CDs, Gitarrensaiten etc. aus, dass ich keine Vorhänge für die Schule kaufen will. Wobei ich persönlich den Hall momentan als geringeres Problem ansehe, da die Verständigung ja erstmal klappt.
Ich habe eben Angst, dass ich nach 3 Wochen nicht mehr weiß, was ich machen kann mit den Kids. In der 5. und 6. Klasse geht es eben doch schon viel um Musikhören, Singen und Werkbetrachtung.

Grüße,
Conni
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#4

Beitrag von Gudrun »

Hallo Conni,

das ist nicht einfach, an eine Schule zu kommen, für die man keine Ausbildung gemacht hat.

Ich finde, du hast du schon sehr gute Ideen eingebracht.

Du kannst übrigens als Hörende die Vibrationsstärke nicht gut beurteilen. Lasse das die Schüler beurteilen, oder hast du das schon gemacht?

Ich bin seit meiner Geburt gehörlos, trage aber Hörgeräte, mit denen ich ganz gut höre. Ich habe auch mehrere Jahre Klavier gespielt. Wenn ich meine Hörgeräte an habe, spüre ich die Vibrationen fast gar nicht, aber wenn ich sie ausgeschaltet habe, bin ich völlig taub und spüre die Vibrationen sehr viel deutlicher.

Vielleicht funktioniert das Vibrationsempfinden bei dir auch besser, wenn du versuchst, dein Gehör auszuschalten, z.B. mit Oropax und zusätzlich Kopfhörer über die Ohren.

Ich habe ein paar Freundinnen, die haben Lehramt für Schwerhörige/Gehörlose studiert, zwei meiner Freundinnen sind mit Musik sehr verbunden, ich weiß aber nicht, ob sie auch Musik unterrichten. Jedenfalls sind sie in einem Gebärdenchor aktiv, der aus Hörenden und Gehörlosen besteht. Die Hörenden singen, die Gehörlosen stellen die Musik pantomimisch dar und orientieren sich dabei an den Hörenden, die die Musik ebenfalls pantomimisch darstellen.

Ich werde die zwei mal fragen, ob ich ihre Kontaktdaten dir geben darf, vielleicht haben sie für dich ja Literaturtipps oder Vorlagen. Sie haben allerdings das Referendariat frisch hinter sich und sind sehr gestresst. Oder womöglich kennst du sie? In welchem Bundesland unterrichtest du denn? Meine Freundinnen sind in Bayern.

Können die Schüler Noten lesen? Ich lernte das Melodikaspielen und später das Klavierspielen, indem die Tasten mit farbigen Klebepunkten gekennzeichnet wurden und die Noten auf den Notenblättern mit denselben Farben vershen wurden.

Wenn du mit den Schülern singst, kannst du die nichtsprechenden Schüler entweder gebärden oder ein Instrument mitspielen lassen. Du musst dann mit der Hand dirigieren, damit sie ihren Einsatz nicht verpassen. Ich habe früher bei der Melodika auch im Chor mitgespielt und mich an den Handzeichen meiner Musiklehrerin orientiert, die mir auch ab und zu auf das Notenblatt gezeigt hat.

Tiefertönige Blasinstrumente lassen sich übrigens auch ganz gut erfühlen, z.B. Melodika, Bassflöte. Insgesamt sind tieftönige und Orff-Instrumente am besten.
Erstellt von ConniIch trage in den Stunden so ein Headset mit einem Gerät daran, so dass sie mich besser hören kann.
Scheint eine FM- bzwl. Mikroport-Anlage zu sein. :)
Da sie das Implantat noch nicht lange hat, ist sie aber immer auf das Ablesen von den Lippen angewiesen und scheint auch damit Schwierigkeiten zu haben.
Sie wird immer ablesen müssen, auch mit CI (Cochlea-Implantat) und FM-Anlage wird sie nicht plötzlich Sprache ohne Mundbild verstehen können. Sprache zu verstehen, ohne dabei auf den Mund zu schauen, lernt man nur im Kleinkindalter oder nie (vorausgesetzt, man bekommt sehr früh Hörhilfen und eine entsprechende Förderung).

Vielleicht kann man im Musikunterricht zusätzliche Lautsprecher einsetzen, z.B. aus deinem Freundeskreis, Familie, Kollegium mit Stereo-Anlage?!
Eine weitere Idee war, den Lautsprecher auf einen Tisch (oder den Boden) zu legen und sehr laut zu stellen, damit Tisch oder Boden schwingen. Leider scheinen die Lautsprecher zu schwach zu sein, ich fühle jedenfalls nichts.
Vielleicht liegt es auch am Material? Wenn du einen Luftballon auf den Lautsprecher legst, müsste man die Vibrationen gut spüren.
An Instrumenten gibt es Xylophone (die Resonanzkörper schwingen nicht merklich, wenn ich darauf spiele), ein Keyboard, eine Gitarre, 2 Röhrentrommeln (klingen etwas "voller" als Klanghölzer), schlecht klingende Zymbeln (Mini-Becken) und Klanghölzer.
Xylophon, Gitarre und Becken finde ich nicht so geeignet, beim Keyboard sollten tiefe Instrumente ausgewählt werrden (wie du auch weiter oben schriebst).
Ich habe schon überlegt: Selber Instrumente aus Alltagsgegenständen bauen (größere Rasseln oder Regenmacher, da kann man die Geräusche auch gut fühlen), Tanzen (wenn die Kinder wieder mögen), Body-Percussion (klatschen, klopfen, schnipsen...), häufiger Einsatz der vorhandenen Instrumente und eine Umsetzung eines Musikstückes mit Tüchern (da kann der gehörlose Junge mitmachen, auch wenn er die Musik nicht hört).
Das sind alles super Ideen! Gehörlose haben übrigens ein ausgeprägtes Rhythmusgefühl.

Hast du die Schüler schon alle gefragt, ob sie zuhause Musik hören oder ein Instrument spielen oder welchen Bezug sie überhaupt zur Musik haben?

Vielleicht hilft dir auch dieses Forum weiter: http://www.taubenschlag.de - dort schreiben gehörlose Erwachsene, auch solche, die gar nichts hören. Hier im Schwerhörigenforum sind eher Eltern schwerhöriger Kinder und erwachsene Hörgeschädigte, die mit Hörhilfen noch etwas hören können.

Vielleicht kann Maike dazu auch was schreiben...

Liebe Grüße,
Gudrun[size=small]

[Editiert von Gudrun am: Montag, Februar 7, 2005 @ 08:11 AM][/size]
Andrea Heiker
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#5

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Conni,

andere haben ja schon viel Gutes geschrieben. Ich würde grundsätzlich tieftönige und wohlklingende Instrumente einsetzen, nichts Schrilles wie Geige oder so ähnliches. So ein Becken ist mit Hörgeräten oder CI einfach nur grauslich anzuhören. Gitarre ist auch nicht der Hit, sie klingt zwar schön, ist aber viel zu leise, so dass Hören dann wieder anstrengend wird. Wenn Du CDs einsetzt, dann nimm Stücke, in denen nur wenige Instrumente spielen. Ein Orchester verschwimmt für Hörgeschädigte nur zu einem undefinierbaren Klangbrei. Als Hörgeschädigter hat man auch nur ein eingeschränktes Diskriminationsvermögen.

Tanzen hat mir als Kind überhaupt keinen Spaß gemacht und macht es auch heute nicht. Vor allen Dingen, wenn man immer gesagt bekommt: Du bist aus dem Takt etc., dann verliert man wirklich schnell die Lust. Man verlangt ja von einem Einbeinigen auch keinen 100 m Lauf in 10 Sekunden und so kommt mir der Musikunterricht für Hörgeschädigte ein wenig vor.

Mir kommt aber schon etwas komisch vor, da Du anscheinend an einer Schule für Hörgeschädigte unterrichtest, aber der Musikraum dieser Schule ist anscheinend für Hörgeschädigte grauenhaft eingerichtet? Hallende Räume sind akustischer Alptraum, wenn ums Verstehen geht. Die Instrumenteneinrichtung ist anscheinend auch wenig hörgeschädigtengerecht eingerichtet? Eingentlich gehört das ja geändert.

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Jana
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#6

Beitrag von Jana »

Hallo,

weiß jemand von Euch, ob es irgendwelche Studien gibt, die belegen inwieweit sich das "BEschäftigen" mit Musik bei Gehörlosen/Schwerhoerigen auf diese auswirkt? (Solche STudien gibt es für Normalhörende, aber habe leider noch keine für Schwerhoerige/Gehörlose gefunden.)

Jana
Jana
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#7

Beitrag von Gudrun »

Hallo Andrea,
Erstellt von Andrea Heiker
nichts Schrilles wie Geige oder so ähnliches. So ein Becken ist mit Hörgeräten oder CI einfach nur grauslich anzuhören. Gitarre ist auch nicht der Hit, sie klingt zwar schön, ist aber viel zu leise, so dass Hören dann wieder anstrengend wird.
Ich würde das nicht so pauschal sagen, für mich z.B. klingen Becken nicht grässlich. Es ist bei Hörgeschädigten wie bei Hörenden auch, bestimmte Instrumente, die die einen schön finden, finden andere grässlich. Gitarre finde ich auch viel zu leise, vor allem für die Schüler, die kaum oder nichts hören.

Gudrun
Sabine
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#8

Beitrag von Sabine »

Hallo,

Christian findet grundsätzlich gar kein Instrument grässlich, aber ich weiß schon, dass man das nicht vergleichen kann, weil er früh implantiert worden ist etc.

Conni, Du hast Dir ja selber schon viel überlegt und hast hier auch reichlich Anregung bekommen. Mir kam nur noch die Idee, dass Du Dich vielleicht auch im Bereich der Musiktherapie umsehen könntest.
Mein Sohn hat, bevor er alt genug war, am regulären Musikunterricht unserer örtlichen Musikschule teilzunehmen, ca. ein Jahr lang Musiktherapie erhalten.
Inwieweit sich diese Ideen mit der Erfüllung der Richtlinien vereinbaren lassen, weiß ich nicht, aber vielleicht kannst Du Dir da doch noch die eine oder andere Anregung 'rausziehen.

Jana, solche Studien gibt es. Bevor wir uns für die Musiktherapie für unseren Sohn entschieden haben, habe ich einige Texte zum Thema Musik und Hörbehinderung gelesen.
Habe jetzt leider keine genauen Titel mehr zur Hand, aber ich meine mich zu erinnern, dass am Dattelner Klinikum eine Studie zum Thema Musik und CI (bei Kindern???) läuft.
Bin nicht sicher, entschuldige.

Viele Grüße,

Conni
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#9

Beitrag von Conni »

Hallo ihr,

vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Ich antworte mal der Reihe nach.
Erstellt von Andrea Heiker
Ich würde grundsätzlich tieftönige und wohlklingende Instrumente einsetzen, nichts Schrilles wie Geige oder so ähnliches.
Hey ;) , ich hab selber Geige gespielt als Kind, die KANN schrill klingen, sie MUSS aber nicht. Grad auf den tiefen Saiten klingt sie recht warm.
Unsere Becken klingen auch gar nicht wie ein Becken klingen soll. Sie scheppern nur, da macht ein Kochtopfdeckel einen besseren Klang.
Mir kommt aber schon etwas komisch vor, da Du anscheinend an einer Schule für Hörgeschädigte unterrichtest, aber der Musikraum dieser Schule ist anscheinend für Hörgeschädigte grauenhaft eingerichtet? Hallende Räume sind akustischer Alptraum, wenn ums Verstehen geht. Die Instrumenteneinrichtung ist anscheinend auch wenig hörgeschädigtengerecht eingerichtet? Eingentlich gehört das ja geändert.
Ich unterrichte an einer Grundschule, in der auch hörgeschädigte Schüler in Extraklassen unterrichtet werden. Wenn sie noch relativ gut hören und gute Chancen bestehen, dass sie im Unterricht der anderen Klassen mitkommen, werden sie dort einzeln integriert. Auslegware gibt es nur in den Klassenräumen der Klassen für hörgeschädigte Kinder und im Gymnastikraum (=Turnhalle für hörgeschädigte Kinder).
Dass es eigentlich eine bessere Ausstattung auch für den Musikunterricht geben sollte, steht außer Frage, leider gibts kein Geld. (Und zwar im Moment wirklich gar keins. Sonst ist es i.d.R. schon ein Akt, einen Satz Liederbücher oder eine kleine Tasche mit billigen Orff-Instrumenten zu bekommen. Von Djemben wage ich gar nicht zu träumen.)

Grüße,
Conni
Conni
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#10

Beitrag von Conni »

Hallo Gudrun!

Also die schwerhörigen Kinder hören in ihrer Freizeit Musik wie andere auch.
Ein Instrument spielt keines der Kinder. Ihr Rhythmusgefühl ist im Vergleich zu anderen Klassen noch nicht gut ausgeprägt.
Am Resonanzkasten des Xylophons ist nicht genug Vibration fühlbar. Die Kinder dürfen jetzt ganz leicht auf die Holzteile die man anschlägt (weiß das Fachwort grad nicht) fassen, dann merken sie dass es schwingt und dämpfen es nur etwas ab.
Leider können die Kinder auch keine Noten lesen. Also eine Melodiestimme zeigen und spielen lassen geht nicht. Ich habe heute den Kindern eine kleine Stimme (4 Töne die sich im gleichbleibenden Rhythmus wiederholen) auf dem Xylophon und einer auf dem Keyboard gezeigt. Das Kind am Keyboard hat nach einiger Zeit dann die richtigen Tasten gefunden, aber noch nicht in der richtigen Reihenfolge und im richtigen Tempo. Den anderen habe ich dann den Auftrag gegeben, im Rhythmus auf einen Stab zu schlagen, das klappte teilweise. Der gehörlose Junge hat das wohl nicht verstanden. Naja, für mich wars ganz schön durcheinander und klang "schief", den Kindern schien es eher Spaß zu machen.



Es wäre toll, wenn du deine beiden Freundinnen fragen könntest. Ich bin im Bundesland Brandenburg und kenne sie also bestimmt nicht.
Erstellt von Gudrun
Tiefertönige Blasinstrumente lassen sich übrigens auch ganz gut erfühlen, z.B. Melodika, Bassflöte.
Für mich klingt eine Melodika ziemlich hoch. (Aber ich denke, sie schwingt sehr stark. Ich habe mal eine Triola als Kind gehabt, vermutlich sowas ähnliches, die vibrierte bei jedem Ton in den Händen.)
Vielleicht liegt es auch am Material? Wenn du einen Luftballon auf den Lautsprecher legst, müsste man die Vibrationen gut spüren.
Ja, bestimmt. Wenn man die Hände auf die Lautsprecher legt, spürt man die Schwingungen recht stark.

So jetzt muss ich erstmal ins Bett, habe bis vor einer halben Stunde Unterricht geplant und laminiert.

Viele Grüße,
Conni
Andrea Heiker
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#11

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Conni,

dann bring den Kindern das Notenlesen doch bei. Ich habe auch als Kind zwangsweise Flötenunterricht (war für meine Hörkurve das falsche Instrument) gehabt, aber habe dadurch immerhin ein Gefühl für hohe und tiefe Töne bekommen. Gerade durch die Noten habe ich auch erst gelernt, dass man manche Töne lang spielen muss und manche kurz. Mit Klebepunkten muss eigentlich ziemlich schnell möglich sein, den Kindern beizubringen, welche Taste welche Note bedeutet. (C roter Punkt, D grüner Punkt etc.). Für den gehörlosen Jungen musst Du Dir allerdings etwas anderes einfallen lassen, etwas was er fühlen kann. Eigentlich braucht er wirklich eine Trommel....

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#12

Beitrag von Gudrun »

Hallo Conni,

auch ich fand Geige vollkommen scheußlich, bis ich vor 5 Jahren eine Kommilitonin auf ihrer Geige spielen hörte. Sie spielte sehr zart und sanft, abwechselnd ruhig und beschwingt, und es klang einfach wunderschön. Ich glaube, das Problem ist, dass Geige oft zu laut und hart gespielt wird, was für manche Hörgeschädigte unangenehm klingt. Aber wenn sie samft gespielt wird, dann klingt es märchenhaft schön. :)

Ich habe nun meine alte Melodika hervorgeholt, meine Hörgeräte ausgeschaltet - ich bin dann vollkommen taub - und muss sagen, dass man sie gut spüren kann, vor allem, wenn man die Töne selbst spielt. Es vibriert in der Hand, die die Melodika hält, in den Fingern, die die Tasten antippen und es vibriert in den Lippen. In den hohen Tönen spürt man die Vibrationen auch noch im Kopf und das kannst du als Hörende auf keinen Fall mehr spüren; ich übrigens auch nicht, wenn ich meine Hörgeräte eingeschaltet habe.
Ich habe als Kind auch leicht auf das Mundstück gebissen, um die Vibrationen stärker zu spüren, weil die Vibrationen an die Zähne und damit in den Kopf weitergingen.

Meine Melodika reicht vom tiefen c bis zum hohen h, also zwei Toreihen (ist das der richtige Fachbegriff?). Ich spüre die Melodika bis zum normalen g sehr deutlich (vor allem, in den Fingern) und dann mit abnehmender Deutlichkeit noch bis zum hohen e (dann immer mehr im Kopf). Ab dem hohen f spüre ich die Töne nur noch gaaaaanz entfernt, aber dann nicht mehr in den Fingern, sondern nur noch im Kopf, in den Lippen und in den Zähnen, aber da muss man schon ein ausgeprägtes Vibrationsempfinden haben.

Meiner Meinung ist die Melodika ein guter Ersatz für das Singen. Eins der ersten Lieder, die ich lernte, war übrigens "Alle meine Entchen". :) Ich habe das mittels farbigen Klebepunkten gelernt.

Eine Melodika, die man selbst spielt, spürt man wesentlich deutlicher, als eine, die jemand anderer spielt.

Es wäre schön, wenn die Eltern ihren Kindern eine Melodike besorgen könnten, evt. leihweise... vorausgesetzt, es wäre für dich ein Ansatz, mit dem du arbeiten könntest. Alternativ könntest du dir eine Melodika besorgen und die Schüler nacheinander darauf spielen lassen. Vielleicht musst du vorher mit ihnen Blasübungen machen, damit sie den richtigen Druck ausüben. Besonders geeignet sind Übungen mittels Kerzenausblasen.

Mein Bruder hat außerdem ein Keyboard, ews würde mich interessieren, welche Instrumente setzst du beim Keyboard ein? Setzst du auch Rhythmen ein?

Ich habe jetzt zwei Freundinnen angemailt, die ihr Referendariat an an der Gehörlosenschule gemacht haben (die eine arbeitet jetzt an einer Sonderschule für Lernbehinderte). Die Mailadresse einer dritten Freundin, von der ich annehme, dass sie Musik als Unterrichtsfach studiert hat (in Kombination mit dem Studium der Gehörlosenpädagogik), habe ich leider nicht, aber die versuche ich in Erfahrung bringen. Ich hoffe, dass meine zwei Freundinnen ihre Mails bald abrufen und antworten, dann gebe ich dir Bescheid. :)

An der Universität Berlin kann man Gehörlosenpädagogik studieren, vieleicht hast du dort Zugang zur Biböliothek und findest was über Musik für Gehörlose, z.B. Stichwort rhythmisch-musikalische Erziehung? Eventuell ist eine erste Anlaufstelle Gunnar Lehmann, er ist Gebärdensprachdolmetscher und hat in Berlin zunächst Gehlörlosenpädagogik studiert, bis er sich zum Dolmetscher ausbilden ließ. Er hat eine Homepage: http://www.gunnarlehmann.de/

Gudrun[size=small]

[Editiert von Gudrun am: Dienstag, Februar 8, 2005 @ 05:11 PM][/size]
Milo
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#13

Beitrag von Milo »

Mhm ich als schüler einer Schwerhörigenschule mag den Muusikunterricht überhaubt nicht wir müssen viel Tanzen und müssten bis zu 6 Klasse Pflöte spielen ich kann dieses Instrument überhaupt nicht leiden.Es tat immer so weh. Jetzt haben wir für dieses Halbjahr eine andere Lehrerin bekommen sie Spielt Klavier und das ist super so meine Meinung.Vieleicht kannst du ja auch Klavier spilen dise spürt man ja auch wenn man eine Hand drauflegt.
Grüß Milo
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#14

Beitrag von Gudrun »

Milo, es gibt leider kein Klavier im Musikraum. :( Conni hat im ersten Beitrag geschrieben, welche Instrumente der Musikraum hat. Sie haben immerhin ein Keyboard, da kann man auch das Instrument Klavier einstellen.
Auf dem Keyboard finde ich allerdings andere Instrumente volltönender als das Klavier. Ein Keyboard mit Klavierklang klingt schwach im Vergleich zu einem echten Klavier, weil die Töne beim Keyboard elektronisch übermittelt werden. Beim Klavier schwingt ja der ganze Körper mit, aber beim Keyboard schwingen die Töne ganz anders... Keyboard-Klavierklang klingt für mich, die jahrelang auf einem echten Klavier gespielt hat, ziemlich hohl.

Es kommt nun drauf an, ob Conni ein einfaches oder ein gutes Keyboard hat.

Conni, haben deine Schüler den Rhythymus schon raus bzw. kennen sie Begriffe wie Viertelnote, ganze Note usw.?

Nachtrag zu meinem letzten Posting:

Bei der Melodika ist es doch sinnvoller, das Mundstück mit den Lippen zu umfassen und nicht mit den Zähnen. Über die Lippen spürt man die Vibrationen deutlicher als über die Zähne.[size=small]

[Editiert von Gudrun am: Dienstag, Februar 8, 2005 @ 09:06 PM][/size]
Conni
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#15

Beitrag von Conni »

Hi Milo und Gudrun,

es gibt kein Klavier im Musikraum, richtig. Es gibt einen Flügel in der Aula, dahin kann ich auch mal mit den Kindern gehen, aber nicht jede Musikstunde. Wenn wir z.B. noch ne CD brauchen oder die Kinder was schreiben sollen, müssen wir dann wieder den Raum wechseln. Außerdem kann ich nicht mehr gut Klavier spielen und habe keine Zeit zum Üben. Und das ist mir ziemlich peinlich, weil alle denken, dass man als Musiklehrerin ohne zu üben sich gleich ans Klavier setzen und Stücke spielen kann, für die ein Berufspianist 3 Monate üben muss. (Mit dem Keyboard spiel ich halt zu einem Song auf CD eine Stimme mit, das kann ich ohne zu üben.)

@Gudrun
Wir haben so ein Mittelklasse-Keyboard, glaub ich, nen recht altes Modell. Der Klang "Klavier" ist schon recht volltönend, es gibt nur wenige, die mir auch gefallen.
Ich find den Klang auch recht hohl, das stimmt und manchmal "rutschen" mir die Tasten unter den Fingern weg, weil sie keine Anschlagsgewichtung haben.
Gudrun schrieb:
Conni, haben deine Schüler den Rhythymus schon raus bzw. kennen sie Begriffe wie Viertelnote, ganze Note usw.?
Also die Begriffe kennen sie. Pausen auch. Wir haben im 4-Vierteltakt gemeinsam in Vierteln geklatscht und gezählt. Wir haben zu einem Musikstück von CD gemeinsam in Vierteln geklatscht. In dem Moment, in dem sie diesen Rhythmus auf einem Instrument nachvollziehen sollen, geht es bei den meisten nicht mehr. Heute hatte ich 11, weil eine andere Klasse aufgeteilt war, und einer der "zugeteilten" Jungen sagte: "Das war ja ein totales Durcheinander!" Ja, war es. Ich weiß momentan noch nicht, woran es liegt, ich habe das bisher nie so krass erlebt. Dass in jüngeren Klassen mal 4 oder 5 von 20 Kindern das nicht hinkriegen, ok, dann kommen eben die andern mit und sichern den Grundschlag. Aber dass 4 von 6 das nicht hinkriegen und 2 es auch nicht können, wenn ich ihnen die Bewegung vor der Nase im richtigen Rhythmus vormache... Ich weiß nicht, ich bin heut grad total ratlos.
Was Takte sind und wie sie funktionieren wissen sie auch noch nicht. Also vor allem der Sprung von "In einem 4/4-Takt sind 4 Viertel." zu "In einem 4/4-Takt sind Noten, die insgesamt so lang sind wie 4 Viertel." scheint sehr schwierig, das habe ich in der parallelen (Regelschul)Klasse heute gemerkt.

Ich habe jetzt so ein paar Melodikas aus dem Schrank im Musikraum ausgegraben, gewaschen und entstaubt. Sie gehen vom h bis zum hohen g.
Die Instrumente sind benutzt, ich habe die Mundstücke erstmal zu Haus eingeweicht und gewaschen. Aber kann man das jetzt nem Kind anbieten? Ist das nicht unhygienisch?
Wie hält man das Teil? (Ich halte es momentan mit der linken Hand am Gurt auf der Rückseite fest. und spiele mit der Rechten.)
Muss der Daumen mitspielen? (Da ist so eine Kante blöd im Weg dann.)
Wie fängt man an, Kindern was auf der Melodika beizubringen?
Und: Wenn das mit dem Rhythmus nicht klappt, hat es dann überhaupt Sinn?
Wo soll ich die bunten Punkte hinkleben, damit man sie beim Spielen noch sieht ohne das große Schielen zu bekommen?
Naja, ich weiß zumindest nicht, ob ich mir nicht all die Mühe jetzt umsonst mach und den Kindern das ganze dann zu albern ist. Mit 12 macht man schon nicht mehr alles, was man mit 8 noch macht.

Das mit der Bibliothek ist ne gute Idee, mal schaun, wann ich mal wieder Zeit hab in die Innenstadt zu fahren.
Das Problem mit Büchern ist für mich oft, dass das Gelesene gut klingt, ich es aber nicht in die Praxis umsetzen kann. Ich hab z.B. versucht, dieses Fingeralphabet zu lernen mit ner Übersicht im Internet. Meine Schüler haben mir aber heut teilweise ganz andere Buchstaben gezeigt. Für nen Gebärdensprachkurs fehlt mir grad die Zeit, da ich neben den 2 Stunden mit den hörgeschädigten Kindern auch noch 15 andere Stunden in 4 Klassen vorbereiten muss und Chorarbeit noch ansteht und ich lange zur Arbeit fahre.

Grüße,
Conni

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[Editiert von Conni am: Mittwoch, Februar 9, 2005 @ 06:31 PM][/size]
Andrea Heiker
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#16

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Conni,

mmh, ja mit dem Rythmus ist das bei vielen (nicht bei allen) Hörgeschädigten so. Ich selbst habe absolut Null Gefühl dafür. Wenn ich ganz ruhig bin und konzentriert zuhöre, erkenne ich einen Rythmus. Sobald ich selbst aber dazu eine Bewegung und sei es auch nur Hände klatschen dazu machen muss, geht das Gefühl weg. Ich bin so beschäftigt, einen Rythmus zu finden, dass ich nicht mehr zuhören kann. Das ist schwer zu erklären, aber ist so.

Gruß
Andrea
seit Geburt an Taubheit grenzend schwerhörig, im Alter von zwei Jahren mit zwei Hörgeräten versorgt, seit 2002 ein CI
Petra
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#17

Beitrag von Petra »

Huch:eek: ... das oben wollte ich gar nicht-schluck!
Was ich eigentlich sagen wollte: ich denke, ist doch klar, dass die Kinder selbst "wenn du vor der Nase vorklatschst" nicht mehr als REagieren können- wenn sie nur schlecht oder gar nicht hören, müssen sie erst visuell aufnehmen, was du da gerade machst, dann vielleicht einen Takt versuchen mitzuzählen und dann im Takt mitklatschen- ich glaube, das ist schon recht schwierig ohne/mit eingeschränktem Gehör!? Außerdem glaube ich, bei deinem Engagement wirst du schon mit der Zeit einen Weg finden wie ihr alle miteinander zu recht kommt. Auch bei Hörenden klingt nicht jeder Ton supergut, oder ist jede Melodie im Takt gespielt, oder? Viele behaupten von sich, sie singen nicht schön, aber laut- naja, Hauptsache man hat Spass dabei...:D

LG, Petra
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#18

Beitrag von Gudrun »

Hallo Conni,

ich denke nicht, dass es notwendig ist, dass du gut Klavier spielen können musst.
Erstellt von Conni
Also die Begriffe kennen sie. Pausen auch. Wir haben im 4-Vierteltakt gemeinsam in Vierteln geklatscht und gezählt. Wir haben zu einem Musikstück von CD gemeinsam in Vierteln geklatscht. In dem Moment, in dem sie diesen Rhythmus auf einem Instrument nachvollziehen sollen, geht es bei den meisten nicht mehr.
Liegt es dran, weil du auch noch die Melodie einbeziehst? Du schreibst weiter oben, dass du 4 Töne einsetzst. Vielleicht würde es erst mal mit zwei Tönen funktionieren?

Mein Vorschlag wäre, dass du das Keyboard, falls erlaubt, mit farbigen Klebepunkten versiehst, auf einem Noteblatt die Noten in den selben Farben hinschreibst und dann sollen die Schüler versuchen, das nachzuspielen, nur mit einer Hand (mit der anderen und evt. mit den Knien dicht am Tisch können sie das Keyboard fühlen).

Wenn man mir einen Rhythmus vorspielt, tue ich mich auch schwer damit, ihn nachzuspielen. Ich kann Rhythmen viel besser nachvollziehen, wenn ich ihn vom Notenblatt nachspiele. Das setzt voraus, dass die Schüler erst mal das Notenlesen lernen müssen.

Du kannst mit entweder vier Noten anfangen oder mit einer Tonleiter, die rauf und runter geht und dabei eine Note auslässt (so habe ich angefangen, Noten zu lernen). Am Anfang erst mal nur zwei, maxcimal drei verschiedene Rhythmen einsetzen.
Die Instrumente sind benutzt, ich habe die Mundstücke erstmal zu Haus eingeweicht und gewaschen. Aber kann man das jetzt nem Kind anbieten? Ist das nicht unhygienisch?
Das mit der Melodika war nur eine Idee, ob sie überhaupt sinnvoll ist, musst du entscheiden. Falls du mit Melodika arbeitest, würde ich entweder jedes Kind ein eigenes Mundstück besorgen lassen oder du nimmst ein Desinfektionsmittel und Wegwerftücher mit und reinigst das Mundstück nach jeder Benutzung.

(In einer elften Klasse haben wir in Biologie mal in ein Atemmessgerät geblasen, da hat die Bio-Lehrerin es auch so gehandhabt: Ein Mundstück für alle, das sie nach jeder Benutzung gründlich gereinigt hat. Da gab es kein "igitt-bäh", jeder wollte selbst in das Gerät blasen.)
Wie hält man das Teil? (Ich halte es momentan mit der linken Hand am Gurt auf der Rückseite fest. und spiele mit der Rechten.)
Genau, so isses. :)
Muss der Daumen mitspielen? (Da ist so eine Kante blöd im Weg dann.)
Müssen nicht... ich habe meinen Daumen immer dazu benutzt, die Melodika abzustützen, aber ich habe früher bei anderen Kindern gesehen, dass sie den Daumen zum Spielen benutzt haben. Du kannst entweder den Daumen oder den Zeigefinger als Finger für die erste Note eines Stücks oder eine Tonleiter nehmen.
Wie fängt man an, Kindern was auf der Melodika beizubringen?
Mit Klebepunkten und farbigen Noten auf einem Blatt, aber mittlerweile denke ich, dass es auf dem Keyboard vielleicht sinnvoller wäre.
Solange der Rhythmus nicht sitzt, würde ich mit ganz einfachen Stücken anfangen; z.B. vom Stück "Alle meine Entchen" erst mal nur den Anfang "Alle meine Entchen" spielen lassen - MIT Klebepunkten und farbigen Noten auf einem Blatt Papier zur Orientierung.

Das Vorspielen empfehle ich trotzdem, damit die Schüler eine ungefähre Vorstellung haben, wie das fertige Lied klingen soll. Mein Plan sähe also so aus:

1) Keyboard mit farbigen Klebepunkten versehen (oder evt. mit wasserlöslichen Folienstiftfarben)
2) Noten in denselben Farben auf einem Blatt zeichnen
3) Schülern das Stück vorspielen
4) einen Schüler die Noten auf dem Keyboard mittels Notenblatt vorspielen lassen und ggfs. korrogieren

Für den Anfang würde ich eine einfache Tonleiter nehmen, wo m,an rauf und runter spielt.

Du kannst auch statt farbiger Klebepunkte Buchstaben verwenden, c, d, e, f, g... für eine 6. Klasse vielleicht angemessener.
Wo soll ich die bunten Punkte hinkleben, damit man sie beim Spielen noch sieht ohne das große Schielen zu bekommen?
Auf die Tasten in der Mitte oder an den rechten Rand (wo die Finger drauf tippen). Es kann am Anfang oft notwendig sein, die Melodika erst mal aus dem Mund zu nehmen, um die Punkte sehen zu können. Sie dienen nur zur Orientierung, bis man die Noten kennt und ohne Farben vom Blatt spielen kann. Oder du verwendest statt Farben Buchstaben (auf Etiketten schreiben und dann auf die Tasten kleben). Alternativ kannst du auf einem Blatt Klaviertasten zeichnen und da drauf die Noten schreiben.
Das mit der Bibliothek ist ne gute Idee, mal schaun, wann ich mal wieder Zeit hab in die Innenstadt zu fahren.
Ich habe Gunnar Lehmann auch deshalb empfohlen, weil er Gehörlosenpädagogik studiert hat, eventuell kennt er Gehörlosenschullehrer, die Musik unterrichten. Falls du ihn kontaktierst, kannst du ihm sagen, dass ich dich an ihm empfohlen habe (meinen Nachnamen müsstest du per Mail bekommen haben); wir kennen uns von einem Treffen der Hörgeschädigtenpädagogikstudenten in Berlin... Es kann nur sein, dass er sich nicht mehr an mich erinnert. :D
Das Problem mit Büchern ist für mich oft, dass das Gelesene gut klingt, ich es aber nicht in die Praxis umsetzen kann.
Das kenne ich, der Stoff muss ja auch auf die Schüler zugeschnitten werden.
Ich hab z.B. versucht, dieses Fingeralphabet zu lernen mit ner Übersicht im Internet. Meine Schüler haben mir aber heut teilweise ganz andere Buchstaben gezeigt.
Das Fingeralphabet ist eigentlich für ganz Deutschland gültig, aber manche formen bestimmte Buchstaben etwas anders, gerade "f" und "t", aber alle anderen Buchstaben, denke ich, formt jeder gleich? Ich empfehle z.B. dieses hier: Fingeralphabet
Für nen Gebärdensprachkurs fehlt mir grad die Zeit, da ich neben den 2 Stunden mit den hörgeschädigten Kindern auch noch 15 andere Stunden in 4 Klassen vorbereiten muss und Chorarbeit noch ansteht und ich lange zur Arbeit fahre.
Du könntest dir aus der Bibliothek auch Gebärdenbücher ausleihen, aber vielleicht haben die Kollegen für dich auch Vorlagen, so dass du zumindest Grundgebärden nachschlagen kannst. Allerdings sind die Gebärden regional unterschiedlich, aber "Muttersprachler" in GS können auch fremde Gebärden verstehen.

Gruß,
Gudrun
Conni
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Registriert: 6. Feb 2005, 15:13
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#19

Beitrag von Conni »

Hallo Gudrun,
Liegt es dran, weil du auch noch die Melodie einbeziehst? Du schreibst weiter oben, dass du 4 Töne einsetzst. Vielleicht würde es erst mal mit zwei Tönen funktionieren?
Ich hatte mit 4 Tönen angefangen, bin dann fast sofort auf eine Note, weil 4 nicht gingen, aber eine geht auch nicht.

@Petra:
Nur der gehörlose Junge ist anfangs hinterher, passt sich dann aber an. Die anderen sind viel zu schnell und durch absolut nichts zu bremsen.
Du kannst mit entweder vier Noten anfangen oder mit einer Tonleiter, die rauf und runter geht und dabei eine Note auslässt (so habe ich angefangen, Noten zu lernen). Am Anfang erst mal nur zwei, maximal drei verschiedene Rhythmen einsetzen.
Nein, ich mag nicht gleich die nächste Katastrophe erleben. Ich möchte mal eine Woche das Gefühl haben, meinen Job zu packen.
Ich wäre absolut froh, wenn sie EINEN Rhythmus ablesen und umsetzen könnten. Von Melodie schweige ich mal. Wir sind noch lange nicht so weit, dass sie Rhythmen ablesen können, es sei denn es gibt auch nen Trick mit bunt oder so, den ich nicht kenn.

Was fürn Desinfektionsmittel kann man denn nehmen? Sagrotan? Ich dachte eh dran, dass jeder "seine" Melodika kriegt. (Also schon eine gebrauchte, aber da werden Namen drauf geschrieben und jeder kriegt jedes Mal die gleiche.) Außerdem gibts noch ein trichterförmiges Mundstück, das man so ansetzt wie ein Blechblasinstrument, d.h. man formt die Lippen wie wenn man ein "b" sprechen will und setzt das Mundstück auf und bläst dann. Dann sollte kein Speichel ans Mundstück kommen (und desinfizieren kann man ja zusätzlich).
Mit Klebepunkten und farbigen Noten auf einem Blatt, aber mittlerweile denke ich, dass es auf dem Keyboard vielleicht sinnvoller wäre.
Was machen die anderen 2(4) Kinder, die nicht mehr ans Keyboard passen? :(
Das Fingeralphabet ist eigentlich für ganz Deutschland gültig, aber manche formen bestimmte Buchstaben etwas anders, gerade "f" und "t", aber alle anderen Buchstaben, denke ich, formt jeder gleich?
Ich habe inzwischen auf 2 Internetseiten, einer Kopiervorlage und einem Buch + Zeigen durch meine Schüler je 2 Varianten für h, m, n, t, z, ö, ü, ä und x und 3 für g und d gefunden.
Du könntest dir aus der Bibliothek auch Gebärdenbücher ausleihen, aber vielleicht haben die Kollegen für dich auch Vorlagen, so dass du zumindest Grundgebärden nachschlagen kannst.
Jau, ich habe DAS Gebärdensprachbuch meines Stadtbezirks zu Haus und die Kinder sagen, das ist veraltet.

Naja, jedenfalls bin ich totmüde und erstmal fertig mit der Welt.

Conni

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[Editiert von Conni am: Donnerstag, Februar 10, 2005 @ 11:47 PM][/size]
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#20

Beitrag von Gudrun »

Hallo Conni,

mit mundfreundlichen Desinfektionsmitteln kenne ich mich leider nicht aus; vielleicht Schwedenbitter, das auch gleichzeitig als Medikament dient? :D Ich glaube, das bekommt man in der Apotheke. Eine eigene Melodika für jeden wäre natürlich am optimalsten.
Erstellt von Conni
Was machen die anderen 2(4) Kinder, die nicht mehr ans Keyboard passen? :(
Ich dachte, dass du die Kinder um dich scharst, so dass sie hinter dir stehen und dann spielt jeder reihum einen vorgebenen Rhythmus oder eine gaaaaanz kurze Tonfolge vom Blatt oder du gibst es vor.

So aus der Ferne ist es für mich leider schwer zu beurteilen, was für deine Schüler möglich ist und was nicht. Das Dumme an Hörgeschädigtenklassen ist, dass das Leistungsgefälle innerhalb einer Klasse sehr groß sein kann; und wegen der kleinen Schülerzahl ist man gezwungen, jedem Schüler Aufmerksamkeit zu widmen.

Darf ich fragen, was für eine Schulausbildung du gemacht hast? Normale Grundschule oder auch eine sonderpädagogische?
Ich habe inzwischen auf 2 Internetseiten, einer Kopiervorlage und einem Buch + Zeigen durch meine Schüler je 2 Varianten für h, m, n, t, z, ö, ü, ä und x und 3 für g und d gefunden.
AU WEIA!

Oh, Conni, du klingst frustriert. Ich stelle es mir sehr unbefriedigend vor, eine Klasse zu unterrichten, für die man nicht ausgebildet worden ist und in der man nicht so recht vorwärtskommt. Ich wünsche dir, dass du bald DAS Erfolgserlebnis hast. Falls du hier wieder antwortest, ich bin jetzt über's Wochenende verreist und ab Sonntag wieder online.

Liebe Grüße,
Gudrun[size=small]

[Editiert von Gudrun am: Freitag, Februar 11, 2005 @ 12:57 AM][/size]
Karin
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#21

Beitrag von Karin »

Hallo Conny, schau dich doch mal auf meiner Seite um
http://www.kestner.de/verlag/frameset06.html

Ich habe auch ein Liederbuch (Mit den Händen singen) im Angebot. Dort sind Noten und zu jedem Lied auch die passenden Gebärden.

Dann hab ich hier noch eine Diplomarbeit, es geht in der Hauptsache zwar um gehörlose Lehrer, die Musikunterricht geben könnten (oder auch nicht) aber ein paar Anregungen sind für dich auch sicher dabei!
http://www.taubenschlag.de/lernen/wisse ... rricht.pdf

Wenn du KOntakt zu Musiklehrern für Gehörlose haben möchtest, solltest du dich an andere Schulen für Hörgeschädigte mit der Bitte um Hilfe wenden.
Viele Grüße
Karin
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[Editiert von Karin am: Freitag, Februar 11, 2005 @ 09:57 AM][/size]
http://www.kestner.de/ - alles rund um die Gebärdensprache
Conni
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#22

Beitrag von Conni »

Hallo Karin,

danke für die Antwort.
Erstellt von Karin
Ich habe auch ein Liederbuch (Mit den Händen singen) im Angebot. Dort sind Noten und zu jedem Lied auch die passenden Gebärden.
Das Buch wurde mir schon mehrfach empfohlen. Es ist aber nicht billig und die Beschreibung des Buches lässt darauf schließen, dass es sich um Kinderlieder handelt. Ich habe aber 12jährige Schüler, die fühlen sich veralbert, wenn ich mit Kinderliedern ankomme. Oder sind da auch Lieder für ältere Kinder/Jugendliche drin? Kann auch Kelly-Family sein oder so, das mögen manche zumindest.

@Gudrun
Erstellt von Gudrun
Eine eigene Melodika für jeden wäre natürlich am optimalsten.
Ja, klar, aber das lass ich erstmal. Ich fürchte, dass sich die Schüler auch veralbert fühlen, wenn ich da mit Melodikas ankomme. Ich kenne die Eltern nicht und kann nicht einfach einen Brief mit nach Haus geben "Kaufen Sie bitte eine Melodika." Wer weiß, ob es klappt oder ob ich dann nicht feststelle, dass es zu schwer ist. Und ich kann auch nicht alles im ersten Berufsjahr machen, zumal das eigentlich nur eine 2/3-Stelle sein soll.
Ich dachte, dass du die Kinder um dich scharst, so dass sie hinter dir stehen und dann spielt jeder reihum einen vorgebenen Rhythmus oder eine gaaaaanz kurze Tonfolge vom Blatt oder du gibst es vor.
Das klappt so vermutlich nicht.
Erstens sind die Schüler vorpubertär/beginnend pubertär. D.h. sie "necken" sich und manche brauchen Abstand zu bestimmten anderen. (Die beiden Jungen brauchen z.B. Abstand, da sie sich sonst "kabbeln".) Wenn ich mich nun um ein Kind am Keyboard kümmern soll, kann ich nicht 5 andere gleichzeitig davon abhalten sich eine andere Beschäftigung zu suchen, dann bin ich wieder nur halb beim Kind am Keyboard. Und zum Instrumentalunterricht gehört eine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Zweitens dauert es eben, bis sie eine ganz kurze Tonfolge hinbekommen. Die leistungsstärkste Schülerin hat ca. 20 Minuten gebraucht für 4 nebeneinander liegende Töne je 2mal angeschlagen. (Deshalb auch meine Frage, was die andern in der Zeit machen sollen.)
Ich habe jetzt jedenfalls genug Xylophone einsatzbereit und auch Klebepunkte besorgt, dann probier ich es erstmal mit Xylophonen. Der gehörlose Junge kann die Schwingungen wohl fühlen, wenn er die schwingenden Stäbe (oder wie das heißt, weiß ich auch nicht genau) anfässt beim Draufschlagen.
Das Dumme an Hörgeschädigtenklassen ist, dass das Leistungsgefälle innerhalb einer Klasse sehr groß sein kann; und wegen der kleinen Schülerzahl ist man gezwungen, jedem Schüler Aufmerksamkeit zu widmen.
Oh ja! Obwohl die leistungsstärksten ja schon in die Regelklassen umgeschult werden nach Möglichkeit, ist das Gefälle einfach riesig. Bei dem gehörlosen Jungen kommt noch eine ziemlich starke Lernbehinderung dazu. Heute habe ich in Erfahrung bringen können, dass der Junge wohl Rhythmikunterricht hatte im letzten Schuljahr, dass es ihm aber zu anstrengend war, alleine mit einem Lehrer und er deshalb lieber am Musikunterricht teilnehmen wollte. Er hat beim Musikhören neben dem Lautsprecher gesessen.
Darf ich fragen, was für eine Schulausbildung du gemacht hast? Normale Grundschule oder auch eine sonderpädagogische?
Ich bin Grundschullehrerin. Keine Sonderpädagogin.

So, viele Grüße,
ich werd jetzt auch erstmal mehr Mathe und Deutsch vorbereiten, das muss auch sein. ;-)
Conni

[size=small]

[Editiert von Conni am: Samstag, Februar 12, 2005 @ 01:09 AM][/size]
Andrea Heiker
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#23

Beitrag von Andrea Heiker »

Hallo Conni,

nimm es nicht zu schwer, wenn es nicht klappt. Man kann auch ganz gut leben, ohne musikqalisch zu sein. :rolleyes:

Etwas aufgestoßen, ist mir, dass der gehörlose Junge lernbehindert sein soll. Ist eine echte Lernbehinderung vorhanden? Oder ist es vielmehr nicht so, dass das Kind von klein auf keinen adäquaten Input hatte und deswegen weit zurück ist? Wie soll ein Kind lernen oder sogar das Lernen lernen, wenn es nur sieht, wie Münder sich bewegen und im Fernsehen bunte Bildern flackern? Ich habe schon so manchen Gehörlosen oder hochgradig Schwerhörigen getroffen, die für Außenstehende den Eindruck erwecken, dass sie einfach gestrickt sind. Die können doch nicht alle lernbehindert sein. Ich mache daher eine völlig inadäquate Schulbildung auch an Schulen für Hörgeschädigte verantwortlich. können an Eurer Schule, die Hör-Päds gebärden? Wird mit dem Jungen zu Hause gebärdet?

Gruß
Andrea
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#24

Beitrag von Gudrun »

gelöscht (versehentlich doppelt gepostet)[size=small]

[Editiert von Gudrun am: Montag, Februar 14, 2005 @ 08:03 PM][/size]
Gudrun
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Re: Musikunterricht mit Gehörlosen / Schwerhörigen

#25

Beitrag von Gudrun »

Hallo Conni,

bei einer Klasse für Gehörlose ist es nicht ungewöhnlich, dass man "Binnendifferenzierung" machen muss, z.B. zwei bis vier verschiedene Arbeitsblätter pro Stunde je nach Leistungsstand der einzelnen Schüler oder dass man verschiedene Unterrichtsformen einsetzt, z.B. drei machen Stillarbeit, zwei machen Partnerarbeit und der Rest widment sich der Lehrkraft. Bei einer pubertierenden Klasse natürlich nicht so einfach umzusetzen. Leider bleibt mir nur noch zu sagen, dass du aus dem, was bisher geschrieben wurde, das zusammenbasteln musst, was dir für diese Klasse am geeignetesten erscheint.

Wenn das mit dem Keyboard und mit der Melodika nicht klappt, kannst du die Tastenfolge auf einem Arbeitsblatt präsentieren, damit die Schüler ein Gefühl für die Notennamen bekommen. Und ansonsten würde ich eben Kontakt zu Musikleherern anderer Gehörlosenschulen suchen.

Hallo Andrea, die Gefahr besteht leider, dass man bei hörgeschädigten Schülern eine Lenrbehinderung vermutet, wo gar keine ist, andererseits sind Gehörlosenschulen nicht selten das "Samnmelbecken" für mehrfachbehinderte Schüler, die an der Schwerhörigen- oder Regelschule überfordert wären.

Liebe Grüße,
Gudrun
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