Hier ein paar Gedanken aus meiner Sicht:
Sabine hat geschrieben:Daher würde ich, wenn ich meinen Sohn irgendwo beschreiben/vorstellen müsste, auch nicht sagen, dass er behindert ist, sondern es eben ein bisschen genauer darstellen.
Weil Du befürchtest, dass er sonst stigmatisiert würde? Und dass ihm daraus Nachteile erwachsen könnten?
Genau diese Differenzierung (wenn nicht vorgenommen) könnte dann behindern (nicht die Behinderung selbst). Wobei eben für die einen sogar mit
CI eine starke Einschränkung der verbalen Kommunikationsfähigkeit besteht (sogar für sehr viele).
Der Grad einer Hörbehinderung wird ohne Hilfsmittel bestimmt. Jemand, der ohne Hilfsmittel beinahe taub ist, ist nun ein Mal schwer behindert*. Es kann auch die Gefahr einer Entsolidarisierung in sich bergen, im Sinne von: Zum Glück kann ich dank Technik "normal funktionieren". Also gehen mich die "wirklich Behinderten" nichts an.
Ein wirkliches Problem könnte jedoch sein, dass ein falsches Bild entsteht (dass man mit
CI normal hören könne und dass jeder ohne Einschränkung kommunizieren könne).
Sabine hat geschrieben:Warum sollte er es nicht ganz nach oben schaffen, FALLS er das möche. Muss er ja nicht ...
Der Wille alleine reicht nicht aus (meistens ist der volle Einsatz sämtlicher Ressourcen und die Fokussierung auf ein einziges Ziel erforderlich, das über alles andere gestellt werden muss), sondern ist eine notwendige (aber nicht hinreichende) Bedingung.
Daneben müssen auch die entsprechenden Potentiale vorhanden sein (und wirklich heraus ragend sind sie eben nur in den seltensten Fällen; sonst wären sie ja nicht heraus ragend; bei ungerechtfertigtem Aufstieg reicht allerdings auch weniger. Und Klassenbester zu sein reicht wohl kaum aus. Es braucht etwas ganz Besonderes, wobei schulische Leistungen oftmals nebensächlich sind (z.B. auch wegen massiver Unterforderung oder/und Desinteresse (man fokussiert sich bereits vorwiegend auf das Gebiet, auf dem man später Spitzenleistungen erbringen wird).
Und aus der Sicht der Personen, welche über den Aufstieg (die Karriere) entscheiden können/müssen, wird auffallen, dass jemand
CIs trägt. Je nachdem weiss man zu wenig darüber. Oder man kennt "Beispiele", wo die Kommunkation nicht gut klappte. Und man wird abwägen. Kann die Behinderung ein Nachteil sein? Der Betreffene ist abhängig von Technik. Was ist, wenn ein Implantat ausfällt? Was, wenn die Scanner in Flughäfen plötzlich nicht mehr mit seinem
CI kompatibel sind (der CI-Träger, in einer wichtigen Position, könnte einen wichtigen Termin (von dem die weitere Existenz des Unternehmens abhängt) nicht wahr nehmen?).
Weshalb sollte jemand dieses Risiko auf sich nehmen? Wenn ihm eine Alternative mehr oder weniger gleicher Leistungsfähigkeit "ohne (bekannte) Einschränkung" zur Verfügung steht?
Weil Behinderte eine spezielle Sichtweise in ein Unternehmen einbringen können, sind sie auch ein Gewinn.
Diese spezielle Sichtweise ist aber kaum mehr vorhanden, wenn sie versuchen, sich möglichst wie jemand ohne Behinderung zu fühlen, zu denken, zu funktionieren etc. (dürfen sie natürlich, nur sollte dies nicht beim Versuch bleiben, sondern ein Selbstverständnis sein; die besondere Sichtweise (die jedoch im Moment eh nicht gefragt scheint) fällt dann aber weg).
Entscheidender dürfte jedoch der Umstand sein, dass äusserst erfolgreiche Menschen häufig einen eingeschränkten Fokus aufweisen dürften. Der Erfolg steht über allem. Und da hat etwas, das diesem im Wege stehen, oder, entscheidender vermutlich noch, nach einer Auseinandersetzung mit anderen Werten (als "oberflächlicher" Erfolg, Leistung, unbegrenzte Möglichkeiten; also auch menschlichen Aspekten) verlangen könnte, die man vielleicht auszublenden versucht (weil eben der Erfolg das einzige ist, was zählt, hat sonst gar nichts platz; also schon gar nicht etwas, was mit Scheitern (aus erfolgsorientierter Sicht), Menschlichkeit oder nach vertiefter Auseinandersetzung mit deren Aspekten (auch in Bezug auf die eigene Persönlichkeit) zu tun haben könnte. Vor diesen will man ja gerade fliehen...
Daher sind vermutlich bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (für eine steile Karriere sind die Eigenschaften eines Psychopaten eher vorteilhaft, nicht aber für die betreffende Institution) zum Teil wichtiger als eine herausragende Leistung, die z.T. auch nicht angemessen beurteilt werden kann.
Ausserdem ist heute vermutlich der Faktor Vermarktung eminent wichtig geworden (Forschung muss zuerst ihre Finanzierung sichern; hierdurch muss sie das Projekt unrealistisch positiv anpreisen; nur (vorgetäuschte) Erfolge sichern weitere Gelder; die Markteinführung nicht ausgereifter (oder gar unbrauchbarer) Produkte versucht, den Untergang des Projekts abzuwenden etc.).
Für ein Unternehmen mit Schwerpunkt Technik könnte eine Person mit
CI in einer Spitzenposition vielleicht auch das Image (in einem positiven Sinne) unterstreichen, dass mit Technik alles machbar ist etc.
Zum Sport:
Ein Aufstieg an die Spitze scheitert bei Schwerhögigen vermutlich meist nur schon am eingeschränkten Gleichgewichtssinn. Doping dürfte allerdings auch für
CI-Träger problemlos möglich sein.
ABBC3_OFFTOPIC
*) hier noch die Begründung, warum ein CI-Träger (sogar mit Hilfsmittel) nicht annähernd normal hört, zur Veranschaulichung habe ich eine relativ einfach zu durchschauende Sprachstrategie ausgewählt:
"Die FFT-Strategie (FFT = Fast-Fourier-Transformation) wird vom Digisonic-Processor verwendet, der das Eingangssignal in 64 Frequenzbändern von jeweils 122 Hz (im Frequenzbereich 100-7800 Hz) analysiert.
Mit Hilfe der 15 Elektrodenpole wird sequenziell nacheinander von basal nach apikal mit einer Stimulationsrate, die der Grundfrequenz Fo entspricht, oder die vom Anwender zwischen 125 und 400 Hz fixiert wird, stimuliert. Dabei ist die Impulsdauer des Stimulus für jeden einzelnen Elektrodenpol an die Fourier-Transformation - proportional zur Energie des Frequenzbandes
- gebunden."
Das heisst, dass ein CI (nach meiner groben, ohne grossen Zeitaufwand vorgenommenen Einschätzng) um einen Faktor in der Grössendordnung 100'000 mal weniger Informationen an den Hörnerv weiter gibt als eine normal entwickelte Cochlea.
Gruss fast-foot
Ausgewiesener Spezialist* / Name: Wechselhaft** / Wohnsitz: Dauer-Haft (Strafanstalt Tegel) / *) zwecks Vermeidung weiterer Kollateralschäden des Landes verwiesen / **) Name fest seit Festnahme