Hier meine Sichtweise:
Ob jemand ein Hörgerät tragen möchte, muss (und darf) jeder für sich selbst entscheiden. Ich fände es allerdings fair, wenn er als Entscheidungsgrundlage auch tatsächlich die Informationen erhalten würde, welche ihm laut Gesetz zustehen. Im Moment ist dies nicht der Fall, also ist die Entscheidung bereits durch bestimmte (ich sage mal kommerzielle) Interessen gesteuert.
Ausserdem denke ich schon, dass sich ein entscheidender Anteil der Hörgeschädigten anders entscheiden würden, wenn die durch das Gesetz verlangte Aufklärung gewährleistet wäre. Genau aus diesem Grunde wird diese meiner Ansicht nach dem Kunden vorenthalten - ein weiterer könnte die Minimierung von Kosten sein (die DUrchführung der notwendigen gross angelegten Studien ist teuer, wobei die Hörgeräteindustrie diese nur finanzieren müsste, jedoch nicht selbst durchführen dürfte (gewisse Vertreter haben ein Milliardenvermögen angehäuft - wie wäre es mit einer Spende?).
Und wie "gering die Verschlechterung durch das Tragen von Hörgeräten ist", weiss man am besten, wenn man dies seriös untersucht - also im Moment nicht genau (das heisst, man kann sie auch nicht als "gering" einstufen).
Da jedoch schon Studien mit eher wenigen Probanden zum Schluss gelangen, dass es wahrscheinlich ist, dass (Gehör- und Hirn-) Schäden auf Grund der Verwendung von Hörgeräten auftreten können, wäre es um so angebrachter, den gesetztlichen Verpflichtungen Folge zu leisten ((vor allem auch) im Interesse der Kunden).
Zur Aussage, dass gar nicht bewiesen werden könne, welche schädlichen Auswirkungen Hörgeräte verursachen:
Für den Einzelfall nicht. Das Risiko für das Eintreten zusätzlicher Hör- und Hirnschädigungen durch die Verwendung von Hörgeräten kann jedoch ermittelt werden. Trotzdem wird dies nicht gemacht, obwohl die gesetzliche Pflicht besteht.
Zum Vorwurf der Panikmache:
Siehe Web. Das ist voll davon (Autor: "Hörgerätebranche" (nur zwei Beispiele:
Finger weg von Hörverstärkern, da sie gefährlich seien für die Ohren! Das stimmt - genau so wie Hörgeräte auch. Die Begründung der fehlenden Begrenzung ist fadenscheinig, da man sie ja nur so laut einstellt, dass sich keine Unbehaglichkeit einstellt - also im Prinzip genau so, wie es bei Hörgeräten auch gemacht wird. Wie AkustikerMeister richtig geschrieben hat, ist das Nichtüberschreiten der Unbehaglichkeitsschwelle(n) jedoch überhaupt kein Garant dafür, dass das Gehör nicht gefährdet wird.
Ausserdem wurde auf eine Studie verwiesen, welche die möglichen Gefahren durch die Verwendung von Hörverstärkern analysiert. Der grosse Witz hierbei ist jedoch, dass dabei gar kein Vergleich statt findet mit den Gefahren und Risiken, welche die Verwendung von Hörgeräten in sich birgt.
Und dass die Versorgung von Hörverlust Demenz vorbeuge, ist nicht bewiesen, obwohl diese Aussage überall verbreitet wird.)
Dann noch zu folgdender Aussage:
AkustikerMeister hat geschrieben:Wenn das Hörgerät verheerende Folgen auf das Restgehör haben würde, müsste es da Draussen doch nur so von Highpowerversorgungen wimmeln...
Erstens wurde nicht nach verheerenden Folgen gefragt, sondern nach Schädigungen überhaupt, und zweitens können bspw. in eher geringer Zahl auch verheerende Schäden auftreten - in letzterem Falle wimmelt es dann eben trotzdem nicht von "Highpowerversorgungen".
Also: gleich zwei mal falsch.
Dann noch zu folgender Aussage:
Ohrenklempner hat geschrieben:Die Hörgeschädigten haben, so wie ich das jetzt verstehe, die Wahl zwischen:
A) Kein Hörgerät zu tragen und den Rest ihres Lebens kaum noch etwas hören und nichts zu verstehen,
oder
B) mit Hörgeräten wieder zu hören und zu verstehen mit dem eventuell vorhandenen Restrisiko, dass möglicherweise die Hörleistung wegen des Hörgerätetragens noch weiter abnimmt, weil es angeblich einige Studien nahelegen. ( ... sorry, wenn jemand die Wortgruppe "einer Studie zufolge" ausspricht, muss ich immer schmunzeln)
"Restrisiko" ist nicht der richtige Ausdruck, da er nur angebracht ist, wenn alles Erdenkliche unternommen wird, um das betreffende Risiko zu minimieren. Dies ist bei einer Hörgeräteversorgung bei Weitem nicht der Fall.
Und von einem eventuell vorhandenen (Rest-) Risiko zu sprechen halte ich in Anbetracht all dessen, was man heute über die Pathophysiologie des Gehörs weiss, nicht für angemessen.
Ausserdem noch zu A):
Da ja eine Hörgeräteversorgung bereits dann indiziert ist, wenn man auch noch ohne Hilfe einigermassen gut versteht, hört man in vielen Fällen nicht "kaum noch etwas", sondern "einfach etwas schlechter" (sofern eine Hörgeräteversorgung zu einer Verbesserung des Sprachverstehens beiträgt, was auch nicht unbedingt der Fall sein muss).
Und nochmals zu B):
Ich habe klar geschrieben, dass nach Lösungen gesucht werden müsse, um die Möglichkeiten zu erweitern (aber es ist klar, dass Forschung Gelder verschlingt, welche man sich sparen kann, wenn man sich darum foutiert, weil bei den Kunden kaum das entsprechende Bewusstsein vorhanden ist und man für das Fehlverhalten auch nicht zur Rechenschaft gezogen wird).
Also: nach Lösungen suchen. Hier einige Möglichkeiten:
- selektives Tragen
- tiefer begrenzen, als die Unbehaglichkeitsschwellen liegen
- Lärm vermeiden (falls möglich), oder aber
- im Lärm (die Verstärkungsfunktion) ausschalten, wenn nicht benötigt (dann allenfalls "nur interne Quellen nutzen" wie bspw. Geräusche zur Maskierung des Tinnitus, Musik (wobei der Schalldruckpegel nach Möglichkeit unbedenklich sein sollte) etc. etc.)
- Verwendung rechenintensiver Algorithmen, welche völlig neue Möglichkeiten bezüglich Herausfiltern von Nutzschall aus Störschall bieten (was es dann auch erlaubt, den Störschall "ins richtige Verhältnis zum Nutzschall zu setzen", womit auch Störschall zu Nutzschall wird - denn auch Störschall beinhaltet einen gewissen Nutzen
- Verwendung der hierzu (Echtzeit!) erforderlichen, (wirklich) leistungsstarken Chip-Plattformen und hochwertigen ADUs, DAUs und Schallwandler (hier muss ein Paradigmenwechsel statt finden) und neue ("sinnvollere", da den Anforderungen genügende) Konzeption der "Architektur"
- etc. etc. etc.
Ausserdem gelten gesetzliche Vorschriften für Lärmimmissionen. Einfach gesagt darf ein gewisses Mass nicht überschritten werden. Durch das Tragen von Hörgeräten können jedoch die Immissionen verstärkt werden und so in den kritischen (also unerlaubten) Bereich verschoben werden, womit auf Grund des Tragens von Hörgeräten die Lärmschutzverordnung nicht mehr eingehalten wird*, was illegal ist (wer im Falle einer Klage haftet, ist nicht klar - meiner Ansicht nach müssten auch die Hörgerätehersteller und -Anbieter in die Pflicht genommen werden). Dieser Umstand hat sicher auch mit der nicht statt findenden Aufklärung zu tun.
Laut arbeitsmedizinischen Grundsätzen dürfen Mitarbeiter mit Gehörproblemen ohne besondere Massnahmen nicht mehr im Lärmbereich tätig sein (es gibt Ausnahmen).
Wenn nun durch das Tragen von Hörgeräten die Immissionen die erlaubten Grenzwerte überschreiten, so wird eben ein "normaler" Arbeitsplatz in einen Lärmarbeitsplatz verwandelt. Ergo sind in diesem Falle entsprechend zertifizierte Hörgeräte zu tragen, auch wenn die Grenzwerte für Leute ohne Hörgeräte eingehalten werden.
Diesem Umstand wird bisher nicht Rechnung getragen, was meiner Ansicht nach illegal ist (hervor gerufen auch durch die mangelhaft bis gar nicht statt findende Aufklärung).
*) gilt im Prinzip auch für den Freizeit-Bereich
Darüber hinaus muss man sich bewusst sein, dass eine Reintonaudiometrie nicht wirklich geeignet ist, um das Ausmass von Hörschädigungen zu bestimmen. Man kann jedoch diesen Umstand jedoch auch bewusst zu Manipulationszwecken nutzen.
Gruss fast-foot